|
Auszüge aus Briefen von Maria Leitner aus ihrem
letzten Lebensjahr
American Guild for Cultural Freedom
New York City
Sehr geehrter Prinz Loewenstein,
ich weiss nicht, ob Sie meine Briefe, darunter Clipper-Briefe aus dem
Camp de Gurs, erhalten haben. Wenn ja, dann wissen sie, dass ich in den
Pyrenaeen interniert war. Nach allerlei abenteuerlichen Fahrten kreuz und
quer durch Frankreich kam ich nach Toulouse. Ich habe ungeheuer viel
Interessantes erlebt, das ich sicher literarisch verwerten kann, falls ich
am Leben bleibe. Denn meine Lage ist jetzt wirklich schwierig. Ohne
Mittel, abgeschnitten, muss ich befuerchten, neu interniert zu werden, was
fuer mich diesmal bedeutend ernsthaftere Folgen haben koennte. Ueberdies
habe ich unterwegs mein Gepaeck eingebuesst, sodass ich kaum das
Primitivste bei mir habe. Nur aus AMERIKA koennte jetzt Hilfe fuer mich
kommen. Lieber, guter Prinz Loewenstein, ich bitte sie sehr, schicken Sie
mir telegrafisch Geld in das Hotel, wo ich zwar nicht wohne, das ich aber
als Adresse benutzen kann. Lieber Prinz, ich weiss, dass wenn es Ihnen
irgend möglich ist, Sie mich nicht im Stich lassen werden.
Auch glaube ich, dass es mir schnell gelingen wuerde, einen Vorschuss
abzuarbeiten. Ich schreibe jetzt ueber meine Erlebnisse im Camp de GURS.
Ich glaube, dass man diesen Bericht leicht in einer amerikanischen
Zeitschrift unterbringen koennte, ich dachte z. B. an Atlantic Monthly.
Koennte ich Ihnen diesen Artikel deutsch per Clipper zuschicken? Koennten
Sie ihn uebersetzen lassen, und ihn in Amerika unterbringen? Ich bin
ueberzeugt, es wuerde dort sehr interessieren. Photographien habe ich
leider keine. Es war sehr streng verboten, Aufnahmen zu machen. [...]
Toulouse, 6. Juli 1940
Hotel Regina, rue Beyard
Toulouse,
12. VIII 40
Hotel Regina, rue Beyard
American
Guild for Cultural Freedom
New York City
Sehr geehrter Prinz Loewenstein,
herzlichen Dank für den Brief, den sie mir nach Gurs
geschickt haben. [Leider habe ich auf meinen Clipper-Brief aus
Toulouse noch keine Antwort. Hier überstürzen sich die
Ereignisse und man weiss nicht, was der nächste Tag bringen
wird. Lieber, guter Prinz Loewenstein, ich brauche es Ihnen
wohl nicht zu erklären, wie wichtig es für mich wäre, so
schnell wie möglich zu etwas Geld zu kommen. Ich werde mich
so kaum noch lange halten können. Überdies habe ich
unterwegs mein Gepäck verloren. Sie können sich also meine
Lage vorstellen.
Wie steht es mit der Möglichkeit eines amerikanischen
journalistischen Auftrages? Das wäre auch unerhört wichtig.
Das Beste wäre natürlich, wenn ich so bald wie möglich fort
könnte, aber inzwischen könnte mir so ein Auftrag einige
Sicherheit bieten.] Und ich glaube auch, dass ich wirklich in
der Lage wäre, gut und interessant zu berichten.
In den nächsten Tagen werde ich Ihnen das schon erwähnte
Manuskript zuschicken. Könnten Sie es bitte sofort übersetzen
lassen? Ich nehme an, dass es sich für "Atlantic Monthly"
eignen könnte oder, für eine andere Zeitschrift. Sie könnten
das zweifellos besser beurteilen als ich. Ich wäre Ihnen sehr
dankbar, wenn Sie den Empfang bestätigen wollten. Könnten
Sie mir auch bitte Adressen in New York angeben, für den
Fall, dass ich nicht mehr direkt mit Ihnen korrespondieren könnte.
Welche Aussichten beständen für eine amerikanische
Vortragsreise? Ich verfüge jetzt wirklich über das
interessanteste Material. Mein Name kursiert hier auf
verschiedenen Listen für Einreiseserlaubnis ausser der Quote
nach Amerika, aber ich bin überzeugt, dass nur von Amerika
aus etwas zu erreichen wäre. Glauben Sie nicht, lieber Prinz,
dass sie mit Ihren ausgezeichneten Verbindungen, etwas für
mich tun könnten? [...]
Die zitierten Briefe Maria Leitners lagern im
Deutschen Exilarchiv der Deutschen Bibliothek, Frankfurt/M.
|
|