Yvonne Friedrichs Textforum

Arnold Böcklin

Dr. Rolf Andree führte in Leben und Werk des Malers ein

Mit einem an konzentrierter Knappheit kaum zu unterbietenden Halbstundenvortrag in der Volkshochschule im Studienhaus am Fürstenwall gab Dr. Rolf Andree, Kustos der Gemäldeabteilung des Kunstmuseums, eine Einführung in Leben und Werk von Arnold Böcklin (1827 bis 1901), dessen große Ausstellung im Kunstmuseum in Kürze eröffnet wird.

Das Bild Böcklins – wie Wagner eine der faszinierenden Erscheinungen des 19. Jahrhunderts – schwankte in der Beurteilung von Überschätzung bis zur Verketzerung. Während noch Meier-Graefe meinte, er habe den Fortschritt in der Malerei aufgehalten, wissen wir längst, daß er entscheidende Anregungen für den Surrealismus des 20. Jahrhunderts gegeben hat. Der in Basel geborene Maler ist durch sein Studium an der Kunstakademie bei Schirmer, wo ihm eine sorgfältige Technik als Landschafter vermittelt wurde, mit Düsseldorf verbunden.

Über diese Studienjahre sind nur spärliche Nachrichten überliefert. Böcklin, der in der Bolkerstraße wohnte, lebte isoliert. Eine 1846 gemalte öde „Landschaft mit Gewitterhimmel“ zeigt in ihren sensiblen Tonnuancen den Einfluß der Düsseldorfer Malerschule. Ein im gleichen Jahr gemaltes herbes Bildnis seiner Mutter steht stilistisch zwischen spätem Biedermeier und frühem Realismus. Die Niederlande, Basel, Paris waren nur Stationen auf dem Wege nach Italien, das für sein Schaffen bestimmend wurde. Zunächst die karge Landschaft der römischen Campagna, wie er sie schon bei Schirmer kennenlernte, später Florenz, wo er seit 1874 lebte und das ihm zur Heimat wurde.

Entscheidend für die Konzeption des „Café Deutschland“ war dann ein Treffen mit dem Maler A. R. Penck in Ost-Berlin. Die Freundschaft mit dem DDR-Künstler, der später in die Bundesrepublik übersiedelte, wurde ihm zum Symbol für die Probleme des deutsch-deutschen Verhältnisses, für die Teilung Deutschlands und ihre ersehnte Überwindung.

Böcklins Malerei stand zunächst im Bann der alten klassizistischen Landschaft. Nach seiner Übersiedlung nach München 1859 erwirbt König Ludwig von Bayern das Bild des Malers für die Pinakothek. 1860 bis 1862 lehrt er an der Weimarer Kunstschule, kehrt von dort nach Rom zurück, wo seine Malerei, ihre ausdrucksvolle Silhouette, durch die Stanzen des Vatikans beeinflußt wird. Neue Anregungen bringen auch die pompejanischen Wandmalereien. Unter dem Einfluß Raffaels entstanden seine Fresken im Basler Museum.

In München, wohin Böcklin 1871 zurückkehrte, und wo er mit Lenbach im gleichen Atelier arbeitete, wurde Graf Schack sein großer Mäzen. Nietzsche äußerte sich begeistert über seinen „Kentaurenkampf“. Böcklin, dessen große Begabung nicht im Lyrischen, sondern im Dramatischen lag, war es gegeben, elementares Naturerlebnis glaubhaft personifiziert darzustellen. Durch Vergrößerung wichtiger Bildmotive, durch die Lichtführung und vor allem durch Vereinfachung und Eliminierung alles Unwichtigen erreichen seine phantastischen Kompositionen ihre Prägnanz und Kraft.

„Pan im Schilf“, „Meeresstille“, die von Ischia inspirierte „Toteninsel“ (von Böcklin „Gräberinsel“ genannt), im Gegensatz dazu die lichte „Lebensinsel“ und der „Frühlingstag“ oder „Triton und Nereide“, auch die späten Schreckensvisionen von „Krieg“ und „Pest“ gehören zu seinen bekanntesten Werken.

In Berlin setzte sich als erster der Kunsthändler Gurlitt für Böcklin ein. Seit 1880 begleiteten ihn Ruhm und Erfolg. Ein illustrer Freundeskreis, darunter Hans von Marées und Adolf Hildebrand, umgab ihn in seiner Villa in Fiesole bei Florenz, wo er 1901 starb.

YF
In: Rheinische Post. Düsseldorfer Feuilleton, 29. Mai 1974