Yvonne Friedrichs Textforum

Yvonne Friedrichs †

Mettmann. Die Kollegenschaft der rheinischen Kunstkritiker hat eines ihrer angesehensten Mitglieder verloren. Am 23. September starb Yvonne Friedrichs im Alter von 73 Jahren. Völlig überraschend hat sie der Tod während eines Telefongesprächs in ihrer Wohnung ereilt.

Geboren in Thüringen, war sie nach dem Krieg in den Westen Deutschlands gekommen, hatte hier Kunst- und Musikwissenschaft studiert und sich anschließend publizistischer Arbeit zugewandt, der Kunstkritik vor allem Düsseldorf wurde ihr Lebens- und Wirkungszentrum 35 Jahre lang, zuletzt als dienstälteste Kunstkritikerin vor Ort, war sie für die „Rheinische Post“ tätig und seit 1969 für die WELTKUNST. Dabei berichtete sie nicht nur über das Kunstgeschehen in Nordrhein-Westfalens Kunstmetropole, sondern auch über die Ereignisse im Umfeld der Stadt, vornehmlich aus dem Ruhrgebiet.

Ihre Kunstberichte erfuhren Wertschätzung, denn sie waren geprägt von Sachkenntnis, informativer Substanz und schnörkelloser Lesbarkeit. Yvonne Friedrichs wusste sich leidenschaftlich zu engagieren, ohne, wenn nötig, die kritische Distanz zu verlieren.

Was sie besonders auszeichnete, war ihre spontane Begeisterungsfähigkeit. Diese galt sowohl der klassischen Moderne als auch dem Schaffen der nachrückenden Generationen, nicht zuletzt außereuropäischen Kulturerzeugnissen. Ihre Neigung zur sogenannten Dritten Welt war auf Reisen gewachsen, von denen sie einige selbst als abenteuerlich empfand. Sie kannte sich aus in Persien, Pakistan und Indien, auch in Bolivien und Peru. Kreative Aufmerksamkeit für Meditatives und Metaphysisches erschlossen ihr Begegnungen mit Werken des Fernen Ostens, wie viele ihrer Ausstellungsbesprechungen bezeugen, darunter auch die letzte für die WELTKUNST über die tausendjährige Kunst des tibetischen Buddhismus.

Yvonne Friedrichs war nicht zuletzt ein kontaktfreudiger Mensch, offen und herzlich anderen gegenüber. Ihre „wachen, lachenden Augen“, an die der Nachruf ihrer Düsseldorfer Zeitung erinnerte, werden allen in Erinnerung bleiben.

Horst Richter
In: WELTKUNST. Die Zeitschrift für Kunst und Antiquitäten, Personalie, 1. November 1996