Yvonne Friedrichs Textforum

Zu Gast in Villa Hügel

Düsseldorfer Kunstschätze

Die Forsythien und die ersten Magnolien blühen im Park der Villa Hügel. Bronzekandelaber, Marmorkamine, reichgeschnitzte Vertäfelungen, rote Treppenläufer - das weitgespannte, großräumige Umfeld dieses kaiserzeitlichen Industriellen-Schlosses nimmt den Besucher der Ausstellung auf, die gestern abend eröffnet wurde und wohl viele Besucher anziehen wird: „Von Cornelius bis Corinth“. Das hauslos gewordene Düsseldorfer Kunstmuseum zeigt aus seinem reichen, schon in der Vergangenheit überwiegend magazinierten Schatz von rund 1000 Gemälden eine Auswahl von 120 seiner schönsten Bilder des 19. Jahrhunderts, dazu eine Auswahl von 50 Zeichnungen (bis 1850) in intimen Seitenkabinetten. „Dies ist nicht eine Ausstellung, sondern eine optimale Museumspräsentation“, erklärte Direktor Dr. Hans Albert Peters.

Wahrhaftig: in solchem Licht, in solcher Weite und zugleich in solcher Geschlossenheit hat man diese Werke noch nie gesehen. Die Stadt Düsseldorf sollte daher die Restaurierung ihres Kunstmuseums mit Macht und Eile vorantreiben.

Dr. Wolfgang Vollrath, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Villa Hügel e. V., erinnerte daran, daß schon 1958 eine Auswahl von Düsseldorfer Werken und 1979 die Ausstellung „Von Picasso bis Lichtenstein“ in Essen zu Gast waren. Die jetzige - von Dr. Rolf Andree, dem Leiter der Gemäldeabteilung des Düsseldorfer Kunstmuseums, eingerichtete - Ausstellung enthält auch die (leider nicht als solche gekennzeichneten) erstmals vorgestellten jüngsten Neuerwerbungen des Museums: eine „Süditalienische Landschaft“ von Oswald Achenbach, Schwingens „Pfändung“, Hübners „Jagdrecht“ und eine Landschaft von Nordgren.

Gleich im ersten Raum wird der Besucher mit Friedrich Bendemanns in der Nachfolge der Nazarener stehendem stimmungsreichen Gemälde „Zwei Mädchen“ (1833) konfrontiert, einem Inbegriff der Romantik. Diese Stimmung wird vertieft durch Bilder von Cornelius, Schnorr, von Carolsfeld, Overbeck, Lessing, Schadow, Josef Anton Koch und Achenbach.

Im Raum daneben ist ein Düsseldorfer Maleratelier des späten 19. Jahrhunderts aufgebaut; mit Plüschsofa, gedrechselten und geschnitzten Möbeln, Dante-Büste und üppigen Goldrahmen. Die pädagogische Abteilung des Museums hat hier auch mit Schrifttafeln und Bildbeispielen die Geschichte der Düsseldorfer Kunstsammlung seit der Gründung der „Vereinigung zur Errichtung einer Gemäldegalerie zu Düsseldorf“ im Jahr 1846 dargestellt. Das „Reglement“ der Düsseldorfer Kunstakademie dokumentiert die Strenge von Direktor Schadow, in die allerdings schon Zwölfjährige aufgenommen wurden.

Der Raum, in dem eine Wand mit Friedrichs „Blick auf die Ostsee“ (1820/25), seinem „Kreuz auf dem Gebirge“ von 1810 neben Gemälden von Carus, Moritz von Schwindt die Blicke fesselt, leitet zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts über mit Spitzenwerken wie Marées „Drei Männern in einer Landschaft“ (1875), Böcklins „Schlafender Diana von Faunen belauscht“ (1877), Stucks „Reigen“, Schuchs „Apfelstilleben“.

Im großen Oberlichtsaal hängen die Impressionisten: Fritz von Uhde, Liebermann, Slevogt, die Brüder Achenbach, Corinth und als herrlicher Blickfang Feuerbachs „Ausblick aufs Meer“. In Seitensälen schließlich sind die kleineren Formate der Landschafts-, Historien- und Genremalerei zusammengefaßt, darunter viele reizvolle Bilder, die man in Düsseldorf seltener gesehen oder beachtet hatte.

Eine Tonbildschau und eine „Rundleitung“ sind der Ausstellung beigegeben, ebenso die jetzt zum Teil neu aufgelegten Kataloge der Gemälde- und Zeichnungssammlung.

YVONNE FRIEDRICHS
In: Rheinische Post. Feuilleton, Wissenschaft und Bildung, 27. März 1981