Hilde Domin
Gedichte & Kurzvita

portrait
© Herbert Speer

Hilde Löwenstein wurde am 27. Juli 1909 in Köln in eine akademische jüdische Familie geboren. Nach dem Abitur 1929 begann sie zunächst ein Jura-Studium in Heidelberg, entschied sich dann aber für Sozial- und Staatswissenschaft. Ein Studienaufenthalt, gemeinsam mit dem Archäologie- und Altphilologie-Studenten Erwin Walter Palm in Italien im Winter 1932/33 wurde, bedingt durch die Machtergreifung Hitlers, zum Beginn einer langen Exil-Zeit. Die zunehmend antisemitische Politik Mussolinis zwang das seit 1936 verheiratete Paar im Jahr 1939 über England und Kanada in die Dominikanische Republik zu flüchten. Diese wurde von 1940 bis 1954 zu ihrer Heimat und inspirierte sie zu ihrem Künstlernamen „Domin“. Seit 1948 unterrichtete sie an der Universität Santo Domingo Deutsche Sprache und übersetzte wissenschaftliche und literarische Texte. Seit 1946 widmete sich verstärkt dem eigenen Schreiben.

1954 kehrten die Palms nach Deutschland zurück und es erschienen erste Gedichte in der Zeitschrift „Hochland“. Doch noch fanden sie keinen festen Ankerpunkt und pendelten zwischen Deutschland und Spanien. 1959 erschien Hilde Domins erster Gedichtband „Nur eine Rose als Stütze“ im Fischer Verlag und begründete ihre Bedeutung als eine der wichtigsten gegenwärtigen Lyrikerinnen. Erst 1961, als ihr Mann einen Lehrstuhl an der Heidelberger Universität bekam, fanden sie eine neue Heimstatt in der von ihnen vormals geliebten Studienstadt. Ihr zweiter Gedichtband „Rückkehr der Schiffe“ erschien 1962. Es folgte neben weiteren Lyriksammlungen vielbeachtete autobiografische Prosa.

In den späten Sechzigern entwarf sie ihre theoretische Abhandlung zur Poesie „Wozu Lyrik heute. Dichtung und Leser in der gesteuerten Gesellschaft“, in der sie das Widerstandspotential von Lyrik betonte. Ihr lyrisches Schaffen wurde mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, u. a. mit der Roswitha-Gedenkmedaille, dem Rainer Maria Rilke-Preis, dem Merseburger Droste-Preis, dem Nelly Sachs-Preis und dem Friedrich-Hölderlin-Preis. Im Wintersemester 1987/88 hielt Hilde Domin nach Ingeborg Bachmann, Marie Luise Kaschnitz und Christa Wolf als vierte Autorin eine Frankfurter Poetik-Vorlesung, deren Thema lautete: „Das Gedicht als Augenblick von Freiheit“.

Für Hilde Domin war der Kontakt zu ihrem Lesepublikum besonders wichtig, daher nahm sie zahllose Lesungs- und Vortragstermine in Buchhandlungen, Literaturhäusern, Schulen aber auch in Gefängnissen wahr. Hilde Domin starb 96jährig, bis zuletzt schriftstellerisch aktiv, am 22. Februar 2006 in Heidelberg.