Margot Scharpenberg
Gedichte

Dürer: Melancolia

Eine wie du
was hat die nicht alles zur Hand

zum Zeitvermessen
die Zahl und den Uhrschlag
die Zirkelspanne
und lautlos rinnenden Sand

der Wagmut hält noch
immer dem Unmut die Waage

immer noch
reicht deine Leiter
wo du auch ansetzt
ans gleiche Gemach

nur in das eigene
Kopfhaus kommst du nach Hause
Raum verbauend

was innen war wirfst du
die eingebrachten
all deine Funde nach außen

vergiß
daß du gekrönt bist
mit Lorbeer und Ohnmacht

dir bersten die Sterne
aber vergiß nicht
– zeitgebunden
vor Schatten trüb –
den Heilschlaf der Welt und die Flügel

(M. Sch.: Windbruch. Vierundsechzig Gedichte mit sechzehn Zeichnungen von Edith Oellers-Teuber. Duisburg 1985, S. 69)