Ruth Schaumann
Gedichte

Die Geburt

Und eine Welle
Nimmt mich der andern ab,
Hebt mich zur Helle,
Wirft mich zur Helle,
Wirft mich ins tiefste Grab.
An seiner Schwelle
Steht Tod mit dürrem Stab
Und ruft die Welle
Und schwingt die Schelle
Und reißt den Hut vom Antlitz ab.
Und Felsenschlünde
Gehn auf zu einem Schacht,
Und alle Sünde
Wird so ans Licht gebracht,
Mein Leib daneben,
Glashaft aus Stein gefügt,
Darin ein Leben,
Zum Flug gegeben,
Verschlossen wie im Bernstein liegt.
Des Todes Ragen
Schwebt hoch in Gischt und Brand,
Hat mich zerschlagen
Mit seiner starken Hand.
Durch Weh und Welle
Bricht strömend, was versteint.
Es schweigt die Schelle,
In meiner Zelle
Die Stimme eines Kindes weint.

(aus R. Sch. Die Tenne. Gedichte, 1931)