Eva Strittmatter
Gedichte

Schneemond

Der Schnee ist unterm Mond so schön.
Der scheint unangerührt.
Hell ist’s. Ich kann die Spuren sehn,
Die dich zu mir geführt.
Ist immer noch der alte Mond,
Der Puschkin einst geschienen.
Der hat auch tief im Schnee gewohnt.
Und von den Silberminen,
Die uns der Mond im Schnee aufmacht,
Holte er Staub in Pfunden.
Hat heimlich ihn nach Haus gebracht,
Prägte darein die Stunden.
Zwirnte das Silber fadenfein
Und brachte es zum Klingen.
Spann Schnee und Nacht und Mondschein ein.
Die kann man heut noch singen.

(aus: Strittmatter, Eva: Liebe und Haß. Die geheimen Gedichte 1970-1990. Berlin 2000)