Gerda Kaltwasser Textforum

„Träumerei“ und das Grauen der Atombombe

Ausstellung im Düsseldorfer Eko-Haus erinnert an Hiroshima und Nagasaki und ist noch bis zum 15. August zu sehen

DÜSSELDORF. „Bei der Atombombe heilt die Zeit die Wunden nicht.“ Dieser Satz, Umkehrung einer Allerweltsweisheit, stammt aus dem Film „Das Gebet einer Mutter“ über die Atombomben und deren bis heute andauernden Schrecken, über die Bomben, die im August 1945 auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki geworfen wurden. Hunderttausende wurden sofort getötet, Millionen über Generationen hinweg einem schleichenden Tod ausgesetzt.

Der Film gehörte zum Eröffnungsprogramm der Ausstellung „Die Atombombenkatastrophe und ihre Folgen“ im EKO-Haus, dem Japanischen Kulturzentrum in Düsseldorf. Die Städte Hiroshima und Nagasaki haben die Schau aus Dokumentation und Kunst auf die Reise geschickt, in Deutschland wird sie von FUAD, der „Freiwilligen Unterstützungs-Gesellschaft der Atombombenausstellung“ getragen. Das ist eine Vereinigung in Deutschland lebender Japaner mit Sitz in Meerbusch. Auch der Wuppertaler Deutsch-Japanische Friedenskreis ist aktiv beteiligt.

Eröffnungen sind meist eher lähmend als erhebend, die Eröffnung dieser Ausstellung gehörte wohl zum Bewegendsten, das die Gäste je erlebt haben. Da sind die großflächigen Foto- und Grafik-Darstellungen des unvorstellbaren Grauens, der Zerstörung, des menschlichen Elends, ausgelöst durch die ersten und bisher einzigen Atombomben, die in einem Krieg eingesetzt wurden, Darstellungen, deren Wucht nicht gemindert wird durch die Bilder vom jetzigen Zustand. Diese blühenden Stadtlandschaften sind kein Gegenbeweis zu der Feststellung „Bei der Atombombe heilt die Zeit keine Wunden“.

Opfer in jeder Familie

Keine japanische Rednerin, kein japanischer Redner der Eröffnungszeremonie, die nicht über Atombombenopfer in ihrer Familie berichten mussten. Und nicht nur die jugendlichen Teilnehmer einer Feierstunde in der Hiroshima-Gedenkstätte, die im Film gezeigt wurden, konnten ihre Tränen nicht unterdrücken.

Musik gehört auch in Japan zu einem Festprogramm. Kayoko Matsushita Beckmann, Pianistin aus Düsseldorf, und Takeshi Sugimoto, Geiger der Essener Philharmonie, spielten Robert Schumanns „Träumerei“. Vladimir Shamo, ukrainischer Pianist, der den Atom-GAU im russischen Tschernobyl miterlebt und später als Dank für japanische Hilfe eine Konzertreise durch Japan unternommen hat, spielte aus Beethovens „Mondscheinsonate“. Musik voller Schönheit in einer Ausstellung, die deutlich macht, dass es kein Grauen gibt, das nicht noch durch größeres Grauen überboten werden kann. Doch auch musikalisches Ausrufezeichen hinter den Worten von Konsul Takahashi, von Professor Sonoda vom EKO-Haus, die für ein Verbot der Herstellung von Atomwaffen eintraten. Denn diese Ausstellung ist ein Aufruf gegen das Grauen, für den Menschen.

Gerda Kaltwasser
In: Rheinische Post. Region Düsseldorf, 7. August 2001