Gerda Kaltwasser Textforum

Udo Lindenberg – frisch gestrichelt

Herma Körding zeichnete „Düsseldorfer Köpfe“
Das Buch wurde gestern im Rathaus vorgestellt

Wenn Herma Körding ins Theater geht oder irgendwo in Düsseldorf mit Mann und Freunden bei einem Glas Wein sitzt, zieht sie aus der Handtasche nicht, wie sonst bei Frauen üblich, diskret einen Taschenspiegel, sondern einen Skizzenblock und einen Zeichenstift Nr. 6. Gestern im Rathaus allerdings nicht, und das tat ihr auch gleich leid, denn die Journalisten hatten viele Fragen zu ihrem soeben dem Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin überreichten Buch „Düsseldorfer Köpfe“. Und sie, die Journalisten, redeten lebhaft und gestenreich. So etwas liebt die Malerin Herma Körding, die zehn Jahre lang unterwegs „Düsseldorfer Köpfe“ gezeichnet und zu Hause aquarelliert hat. „Ein Düsseldorfer Panoptikum“ nannte es Verleger Bruno Kehrein, in dessen GrupelloVerlag das Buch erschienen ist. Wer es durchblättert, wird ihm auch darin recht geben, dass „dieses Buch sehr düsseldorferisch“ ist. Es zeige das Talent der Düsseldorfer, sich in Szene zu setzen.

Düsseldorfer Köpfe also, natürlich mit dem Oberbürgermeister, natürlich mit Bruder Matthäus, natürlich mit Kunstakademiedirektor Markus Lüpertz, natürlich mit . . . Wieso eigentlich „natürlich“? Düsseldorfer Köpfe sind doch nicht nur die echten oder die Möchtegern-Promis. Und so findet sich der Kellner ebenso wie der Braumeister, findet sich ein anonymes Frauenterzett, finden sich Ballettratten, Vereinsbosse und der eigene Ehemann unter den Düsseldorfer Köpfen. Auch Udo Lindenberg; der ein Düsseldorfer? Herma Körding hat ihn in Hamburg im Hotel getroffen und artig gefragt, ob sie ihn zeichnen dürfe. Während der Stift übers Papier eilte, erkundigte sich Udo nach Markus Lüpertz, nach dem Schicksal des „Malkastens“.

Herma Körding war in ihrem Element, die Künstlerin, die gern vom „Zweikampf zwischen Maler und Modell“ spricht, war jahrelang einzige Frau im Malkasten-Vorstand gewesen. So wurde Udo Lindenberg ein Düsseldorfer Kopf.

Die Malerin, die in Karlsruhe, Paris und Düsseldorf studiert hat, und deren helle, forschende Augen für die Ernsthaftigkeit ihres Wortes bürgen, dass äußere Porträtähnlichkeit erst an zweiter Stelle ihrer künstlerischen Arbeit stehe, ist auch in handwerklicher Hinsicht ein Phänomen. Ihre sichere Hand beherrscht den Zeichenstift wie die leicht verlaufende Aquarellfarbe, aber sie rahmt ihre Köpfe auch eigenhändig.

150 von über 500 000 Düsseldorfer Köpfen: „Gefragt wurde keiner, aber eine Auswahl musste getroffen werden. Das war nicht einfach“, heißt es im Vorwort.

Gerda Kaltwasser
In: Rheinische Post., 31. Oktober 2000