Gerda Kaltwasser Textforum

Baumriesen, ein Teich für Enten und Liebespaare

Der Ostpark – schön und wenig bekannt

Er ist einer der schönsten und einer der am wenigsten bekannten Parks der Landeshauptstadt, der Ostpark. Er gehört nicht zum Weltkulturerbe wie der von Schloß Benrath und das Stück Düsseldorfer Geschichte, das er verkörpert, ist gegenüber dem Hofgarten gering. Aber die Leute, die ihn besuchen, sind zufrieden und hoffen, daß er nicht plötzlichen zu Ruhm und Massenandrang kommt.

Vor gut 100 Jahren beschlossen die Stadtväter unter ihrem Oberbürgermeister Ernst Lindemann, den Ruf Düsseldorfs als Gartenstadt durch Schaffung eines neuen Parks zu unterstreichen. Damals gab es keinen Hinweis darauf, daß der Stadtteil Grafenberg einmal eine der ersten Wohnadressen der Stadt werden würde. Vielmehr breitete die Industrie sich aus, wie zuvor schon im benachbarten Gerresheim und in Flingern.

Inzwischen sind die Bäume, darunter viele seltene Arten auch von anderen Kontinenten, zu Baumriesen herangewachsen, die eine fast feierliche Atmosphäre schaffen, genau wie die Kastanienallee der Altenbergstraße, die immer schattig und kühl ist und zum Ostpark hinführt. Trotzdem kommt Feierlichkeit nicht auf, dafür sorgen schon die jungen Mütter mit Kinderwagen, tobende Scharen an den Geräten für kleinere und größere Kinder auf den unaufdringlich eingestreuten Spielplätzen, dafür sorgt auch der große Teich.

Früher einmal konnte man auf dem Teich Kahn fahren. Die betonierte Anlegestelle ist noch zu erkennen. Seit Jahren aber gehört der Teich dem großen und kleinen Wassergeflügel, das hier ganz ohne Stress und Hektik aufwächst. An den grünen Ufern lagern Familien mit Picknickkörben. Liebespaare necken und füttern die Enten.

Der Hauptweg ist von altmodischen Bogenleuchten gesäumt, nicht alle sind heil und manche ziemlich angerostet. Überhaupt macht der Ostpark den Eindruck, als habe Natur hier zwanglos ihre Herrschaft gegenüber Ordnungsdrang und Freizeitforderungen der Menschen durchgesetzt. Keine Forderung in unserem Parktest wird mit hoher Punktzahl erfüllt. Gastronomie gibt es überhaupt nicht, sieht man von einer Imbißstube jenseits der Bahngleise ab.

Diese Gleise bilden eine der meistbefahrenen Bahnstrecken Westdeutschlands, vor allem für den Güterverkehr. Jahrzehntelang litt die ganze Innenstadt unter dem Engpaß des dem Ostpark benachbarten Staufenplatzes, wo die Bahnschranken öfter geschlossen als geöffnet waren. Erst nach Tieferlegung der Bahnstrecke war damit Schluß. An der Limburgstraße war vorher schon das schönste Jugendstildepot der Rheinbahn abgerissen worden. Wer das Industriedenkmal kannte, trauert noch heute über soviel Unverstand.

In Richtung Grafenberger Wald ist eine der prächtigsten Villenlandschaften entstanden. Es gibt aber auch an den Hängen des Torfbruchs überraschend südlich wirkende Ansichten: Straßen als Treppen, Idylle, die in Düsseldorf keiner vermutet. Weniger idyllisch die stadtwärts gelegene Seite. An der Sulzbachstraße wurden nach dem Krieg Billigunterkünfte für Flüchtlinge und Vertriebene gebaut, in denen später Familien wohnten, die im Behördendeutsch „nicht mietfähig“ hießen. Es gab spektakuläre Fälle von Gewaltkriminalität. Der Park hat alles geschluckt, er wirkt bis heute ausgleichend. Das stellt den Stadtvätern von vor 100 Jahren ein gutes Zeugnis aus.

Gerda Kaltwasser
In: Rheinische Post., 9. August 1999