Gerda Kaltwasser Textforum

Klavierkonzert-Reihe für Beethoven, den Jahrtausendmann

Kolbergs Beethoven-Zyklus in der Auferstehungskirche / Zuhörer lauschten im vollbesetzten Saal „gefesselt und atemlos“ dem Spiel / Kein Hüsteln störte

OOBERKASSEL. Es gehört nicht zu den üblichen Angeboten einer Kirchengemeinde, den Bürgern die Begegnung mit einem großen Komponisten gleich zyklusweise anzubieten. Wolfram Fürll, Kantor der evangelischen Gemeinde der Auferstehungskirche in Oberkassel, hatte den Mut und das aus drei Gründen: Im Gemeindesaal unter der Kirche steht ein wertvoller Bösendorfer-Flügel; in Oberkassel wohnt der Musikpädagoge, Pianist und Komponist Reinhard Kolberg; dessen intensive Beschäftigung mit dem Klavierwerk des wahrscheinlich berühmtesten Komponisten der deutschen Klassik, Ludwig van Beethoven, sorgte für den dritten Grund. Beethoven ist unter den ersten zehn Persönlichkeiten zu finden, die zu den „1000 Köpfen des vergangenen Jahrtausends“ erwählt wurden.

Kaum zu bewältigende Aufgabe

Kolberg hatte sich eine kaum zu bewältigende Aufgabe gestellt mit gleich zwei der bekanntesten Klaviersonaten Beethovens, der „Pathetique“ (c-moll, op 13) und der „appassionata“ (f-moll, op. 57); zuvor noch die Sonate f-moll, op 2 Nr. 1, die der Komponist seinem Kollegen und Lehrmeister Josef Haydn gewidmet hat. Schwierig ist diese Sonate, wenn auch nicht so bekannt und daher das Publikum zu Vergleichen herausfordernd. Deshalb aber eben auch wegen der hohen Anforderungen an den Pianisten der geeignete Programmauftakt. Der Künstler kann sich testen, kann sich aber auch auf die akustischen Verhältnisse im gefüllten Saal einstellen. Das war hörbar nötig, kam aber der Pathetique und nach der Pause ganz besonders der Sonata appassionata zu Gute.

Reinhard Kolberg stellt in diesem Jahr in drei Konzerten ausgewählte Klavierwerke von Beethoven vor: Alle drei haben großes Interesse gefunden, das erste fand jetzt vor ausverkauftem Saal statt, mit Publikum nicht nur aus den linksrheinischen Stadtteilen.

Immer gefesselter, geradezu atemlos lauschten alle einem bravourösen Spiel, kein Husten, nicht das leiseste Hüsteln störte. Wer anfangs noch mit stiller Bewunderung registriert hatte, dass Reinhard Kolberg alle Werke auswendig spielte – diese Tatsache wurde vergessen über der Kraft des Spiels, einer Kraft, die im Andante con moto so gegenwärtig war wie im Allegro des Eingangs- und Ausgangssatzes. Danach Blumen, ein jubelndes Publikum, das Erschöpfungserscheinungen nach solcher Anstrengung hinwegklatschte.

Das nächste Konzert am 20. Juni hat ein Motto: „Quasi una fantasia“, mit der Sonate F-Dur, op. 10/2, der Sonate d-moll, op. 31/2 mit dem Titel „Der Sturm“, mit der „Mondscheinsonate“ (cis-moll, op 27/2) und der Sonate Es-Dur, op. 81a, „Les odieux“. – Am 21. November stehen die „Waldsteinsonate“ (C-Dur, op. 53), die Sonate As-Dur, op. 140 und die Sonate c-moll, op. 111, auf dem Programm.

Gerda Kaltwasser
In: Rheinische Post. Stadteilnachrichten, 29. Februar 2000