Hulda Pankok Textforum

Hulda Pankoks Lebensweg

Am 20. Februar 1895 wurde sie als sechstes Kind der Theaterkritikerin Julie Droste (geb. Sassenberg) und des Lehrers Wilhelm Droste in Bochum geboren. In Sölde verbrachte Hulda ihre Ferien beim Großvater Sassenberg, der Bergwerksdirektor war. In Bochum besuchte sie die Höhere Töchterschule und schloss diese mit dem Abitur ab. Ab 1913 besuchte sie in Bonn eine Hauswirtschaftsschule. Im Anschluss daran ließ sie sich in Essen zur Bibliothekarin ausbilden. Die 1. Anstellung erhielt sie in Essen; in Bochum richtete sie die erste Kinderbibliothek ein. Nach Kriegsende studierte sie für kurze Zeit in Jena Kunstgeschichte und Literatur.

Hulda Droste ging 1919 nach Düsseldorf und arbeitete als Kulturjournalistin in der von ihrem Bruder Heinrich Droste herausgegebenen Düsseldorfer Zeitung, ebenso im Mittag, der seit Mai 1920 im Droste-Verlag erschien. 1920 bekam sie Kontakt zur Avantgarde-Kunstgalerie von Johanna Ey und lernte dort u. a. den Maler und Zeichner Otto Pankok kennen, Mitglied der Gruppe Das Junge Rheinland (s. die Darstellung ihrer 1. Begegnung in „Die Kunst von heute“ von 1928 in diesem Text-Forum). Hulda Droste und Otto Pankok heirateten 1921; sie arbeitete weiter als Journalistin. Nach der Geburt der Tochter Eva 1925 erfolgte der Umzug in das Haus in der Brend’amourstraße 65 in Düsseldorf-Oberkasssel, das zu einem künstlerischen Zentrum der Stadt wurde. Hier trafen sich u.a. die Lyrikerin Martha Saalfeld, der Grafiker Werner vom Scheidt, die Theaterleiter Louise Dumont und Gustav Lindemann, die Bildhauerin Eva Brinkmann und das Schriftstellerehepaar Herbert und Hedda Eulenberg.

Der journalistische Wirkungskreis Hulda Pankoks erweiterte sich auf die Frauenbeilagen des Düsseldorf Stadt-Anzeigers und der Gladbach-Rheydter Zeitung, auf den Schacht. Westdeutsche Wochenschrift für Kunst, Wissenschaft und Volksbildung und auf den Scheinwerfer. Blätter der städtischen Bühnen Essen. Als freie Mitarbeiterin war sie auch beim Westdeutschen Rundfunk tätig. 1929 folgte sie den Spuren El Grecos in Spanien und schrieb 12 Rundfunkbeiträge über ihre Kunstreise, die sie zusammen mit Otto Pankok unternahm.

1931 entwickelte Hulda Pankok für den Mittag die Kulturbeilage Geistiges Leben und steuerte in den folgenden Jahren eine Fülle von Buchbesprechungen bei, Darstellungen zum zeitgenössischen Theater und kulturphilosophische Essays, die von einer wertkonservativen und zugleich liberalen Grundhaltung geprägt waren. In den Anfangsjahren des Dritten Reichs wich sie auf historische und frauenspezifische Themen aus, bei denen sie ihre Grundüberzeugungen verdeckt zum Ausdruck brachte.

Seit 1936 unterlag Otto Pankok einem strikten Ausstellungsverbot. 1937 erhielt Hulda Pankok Schreibverbot, das sie jedoch umging, indem sie unter dem Pseudonym Anna Sasse und Henriette Reiser schrieb. Von ihrem Bruder erhielt sie für den Droste Verlag Lektoratsaufträge. Nach einer nur knapp abgewendeten Verhaftung Otto Pankos durch die Gestapo, zogen die Pankoks 1938 nach Bokeloh ins Emsland. 1941 zogen sie sich in die Eifel zurück, zunächst nach Iversheim und 1942 nach Pesch, wo ihr Domizil einige Flüchtlinge beherbergte. Die Befreiung durch die Amerikaner wurde zu einem Freudenfest.

Mit der Gründung des Drei Eulen Verlags im März 1946 verfolgte Hulda Pankok mehrere Ziele. Nach der Zeit der intellektuellen Leere und Verrohung während der Nazi-Herrschaft wollte sie dem ausgehungerten deutschen Lesepublikum neue Horizonte eröffnen durch die Übersetzung ausländischer Literatur. Im Dritten Reich verbotenen Autorinnen und Autoren gab sie eine Stimme und das im Untergrund entstandene Werk verfemter Maler und Grafiker dokumentierte sie in Bildbänden und Mappen. Ein weiterer von ihr ausgebauter Bereich war die Pflege des klassischen deutschen Erbes von Kant über Goethe, Heine bis zu Mörike.

Das zerstörte Haus in der Brend’amourstraße konnte 1947 wieder bezogen werden. Im gleichen Jahr hielt Hulda Pankok bei der Beerdigung von Mutter Ey, der frühen Förderin von Otto Pankok, eine viel beachtete Grabrede (s. die Rede in diesem Text-Forum). 1949 legte die Verlegerin das kleine Unternehmen still, da es bedingt durch die Währungsreform und durch das Nachlassen des Lesehungers zu wirtschaftlichen Engpässen gekommen war.

Sie engagierte sich Anfang der 50er Jahre vehement gegen die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik und beteiligte sich 1951 an der Gründung der „Deutsche Frauenpartei“, deren Vorsitzende sie wurde (s. ihre Darstellung in diesem Text-Forum). Da die Wirkung dieser Partei sehr eingeschränkt war, wählte sie sich ab 1953 mit der von Helene Wessel und Gustav Heinemann gegründeten „Deutschen Volkspartei“ eine neue Heimat für ihr politisches Engagement.

An der Aussöhnung zwischen dem damaligen Jugoslawien und der vormaligen Besatzungsmacht Deutschland hatte Hulda Pankok wesentlichen Anteil. Auf Grund ihrer antifaschistischen Haltung wurde sie offiziell von der Ministerin für soziale Angelegenheiten Vida Tomšič eingeladen als erste Vertreterin Deutschlands. Hulda und Otto Pankok fuhren in den 50er Jahren mehrfach nach Jugoslawien zu den neuen Freunden. Über ihre Erlebnisse in Jugoslawien schrieb sie einen Reisebericht, Jugoslawische Erlebnisse (1961), in dem sie besonders die Integrationsleistung des jugoslawischen Staates bezüglich seiner vielen Ethnien hervorhob.

Nach dem Ende von Otto Pankoks Professur an der Düsseldorfer Kunstakademie zog man 1958 nach Drevenack in das „Haus Esselt“. 1966 starb Otto Pankok nach schwerer Krankheit. Zwei Jahre später gelang es Hulda Pankok und ihrer Tochter Eva das Otto-Pankok-Museum zu eröffnen, wo sie regelmäßig Besuchergruppen durch die Dauerausstellung führte und themenbezogene Sonderausstellungen erarbeitete.

An der Veranstaltung im Düsseldorfer Stadtmuseum zu ihren 90. Geburtstag konnte Hulda Pankok im Februar 1985 noch teilnehmen. Am 8. September starb sie.