Frauen-Kultur-Archiv · Germanistisches Seminar II · Frauenförderung der Philosophischen Fakultät


Ludmilla Assing 

22.2.1821 Hamburg – 25.3.1880 Florenz

"Nur auf freie und gerechte Zustände, auf die Wohlfahrt der Völker kommt es doch an."



Am 4.8.1862 wird die politische Schriftstellerin Ludmilla Assing in Abwesenheit zu acht Monaten Haft verurteilt. Dies hält sie nicht davon ab, weiter politisch brisante Briefe und Tagebücher aus dem Nachlaß ihres Onkels, Karl August Varnhagen von Ense, zu publizieren. Es erfolgt ein zweiter Richterspruch, Urteil: zwei Jahre.
Die steckbrieflich Gesuchte lebt zu diesem Zeitpunkt in Florenz, das ihr nun zum politischen Exil wird. Als überzeugte Demokratin hat sie Verbindungen zum Risorgimento, der italienischen Demokratiebewegung, ist mit führenden Revolutionären wie Guiseppe Mazzini befreundet und übersetzt Schriften ihres Geliebten Piero Cironi ins Deutsche. „Das Literatenthum im Weiberrocke“ – wie die reaktionäre Presse es nennt – betreibt sie auch als Italienkorrespondentin für führende Zeitungen in Deutschland. Die erste Hälfte ihres Lebens hatte sie in Hamburg und Berlin verbracht.
Ludmilla Assing wuchs in einer assimilierten jüdischen Familie auf. Der Vater, David Assur Assing, war Arzt und ebenso wie die Mutter, Rosa Maria Assing geb. Varnhagen, kulturell interessiert. Die Eltern pflegten Freundschaften mit vielen AutorInnen wie Heinrich Heine und Amalie Schoppe, die Mutter dichtete für Almanache. In dieser durch kulturellen und politischen Austausch geprägten Atmosphäre wachsen Ludmilla und ihre Schwester Ottilie auf. Nach dem Tod der Eltern ziehen die finanziell unabhängigen Schwestern 1842 zu ihrem Onkel nach Berlin (Ottilie kehrt wieder nach Hamburg zurück und wandert später in die USA aus), ihre Tante, die berühmte Salonnière Rahel Varnhagen, war bereits 1833 gestorben.
In Berlin steht Ludmilla Assing mit vielen Oppositionellen in Kontakt, sie schreibt erste Artikel und begrüßt die Revolution von 1848. Ihre Berichte über die Barrikadenkämpfe führen zu misogynen und antisemitischen Schmähungen. In der Reaktionszeit erscheinen weitere, meist anonyme Feuilletons und ihre ersten Bücher: Biographien über ihre Freundin Elisa von Ahlefeld und die erste deutsche Berufsschriftstellerin Sophie von La Roche. 1858 wird sie Nachlaßverwalterin der Varnhagen-Sammlung, einem Konvolut aus Briefen von und an 9000 Personen, Tagebüchern und Autographen. Diese Zeugnisse dokumentieren persönlich erlebte Geschichte seit der Französischen Revolution. Bis zu ihrem Tod publiziert sie wichtige Teile dieser Sammlung. Auch wenn sie nach der Reichsgründung „das gegenwärtige Berlin durchaus für keinen sicheren Aufbewahrungsort meiner Papiere, für keinen dauernd sichern Wohnort für mich“ hielt, stiftete sie die Sammlung der Berliner Staatsbibliothek und damit der Öffentlichkeit. 

Mechthilde Vahsen

 

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