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2. 2. 4. Der Geist des Liberalismus

Zur präziseren Darstellung des Kerns der nietzscheschen Ideologiekritik der Zeit wird ihm in diesem Kapitel Carl Schmitt zur Seite gestellt. Obwohl sich beide Denker in wesentlichen Punkten unterscheiden[112] und Schmitts Äußerungen auf Grund seines Engagements im Nationalsozialismus[113] immer mit größter Vorsicht zu genießen sind, treffen sich beide Denker in ihrer Kritik am Liberalismus. Der Liberalismus gewinnt im 19. Jahrhundert immer stärker an Einfluss und meint zunächst, dass die autoritäre Epoche der transzendent legitimierten, monarchistischen Dezision durch die neue Metaphysik des liberalen Bürgertums abgelöst wird, welche sich endlos debattierend als unfähig zu jeder moralisch anspruchsvollen Entscheidung erweist.[114]

Carl Schmitts Kritik der liberalistischen Ideologie soll anhand dreier Punkte für unseren Kontext fruchtbar gemacht werden. Schmitt beschreibt erstens das Verschwinden der klaren politischen Unterscheidungen. Damit verbunden sieht er entgegen dem ausdrücklichen Ziel des Liberalismus eine Enthegung der Kriege und Feindschaften, und drittens erkennt Schmitt einen wesentlichen Mechanismus der liberalen Ideologie darin, dass es ihr durch Besetzung verschiedener Felder gelingt, alle möglichen Standpunkte auf ihre Perspektive einzuschränken.[115]       

Zur Bearbeitung des ersten Punktes wende ich mich Carl Schmitts Bestimmung eines Begriffs des Politischen zu. Schmitt gewinnt seinen Politik-Begriff durch den Aufweis der Unterscheidung zwischen Freund und Feind, die nur für den Bereich der Politik charakteristisch ist.[116] Die Tiefgründigkeit dieser Differenz bewährt sich in ihrer Autonomie gegenüber Unterscheidungen anderer Bereiche wie Kunst, Ökonomie oder Moral. Der Feind stellt mich existentiell in Frage und somit sind Interventionen von dritter, unbeteiligter Seite ausgeschlossen[117]. Obwohl sich das Freund-Feind-Verhältnis in der extremen Möglichkeit des Kampfes bestätigt, ist Schmitts Begriff des Politischen ausdrücklich nicht bellizistisch aufzufassen: 

Der Krieg folgt aus der Feindschaft, denn diese ist seinsmäßige Negierung eines anderen Seins. Krieg  ist nur die äußerste Realisierung der Feindschaft. Er braucht nichts Alltägliches, nichts Normales zu sei, auch nicht als etwas Ideales oder Wünschenswertes empfunden zu werden, wohl aber muß er als reale Möglichkeit vorhanden bleiben, solange der Begriff des Feindes seinen Sinn hat.[118]

Es ist auch hier - wie so häufig bei Schmitt – der Ausnahmefall, der die wahren Umstände offenbart. Der Feind in Schmitts Begriff des Politischen ist nicht symbolisch oder metaphysisch und nicht „privat-individualistisch“ zu interpretieren. Der Feind ist kein persönlicher Feind, gegen den ich eine Abneigung hege, oder privater Konkurrent. Vielmehr bezieht sich das Freund-Feind-Verhältnis auf eine politische Einheit, die einer anderen politischen Einheit gegenübersteht.[119] Zwar kann die Freund-Feind-Gruppierung jedem gesellschaftlichen Bereich entspringen, aber sie ist immer in erster Linie politisch: „Jeder religiöse, moralische, ökonomische, ethnische oder andere Gegensatz verwandelt sich in einen politischen Gegensatz, wenn er stark genug ist, die Menschen nach Freund und Feind effektiv zu gruppieren.“[120] Die jeweilige politische Einheit beweist ihre Souveränität in der Möglichkeit, über den Krieg zu entscheiden.[121] Als „maßgebende“ politische Einheit sieht Schmitt den Staat an und lehnt jegliche pluralistische Staatstheorie ab, die eine höhere politische Einheit einem „liberalen Individualismus“ opfert.[122] Die politische Einheit des Staates kann durch das jus belli als einzige Institution von ihren Mitgliedern Todes- und Tötungsbereitschaft gegenüber dem Feind fordern. Der Staat sorgt in seinem Innern für Einheit und Ordnung, auf deren Grundlage erst Rechtsnormen ent- und bestehen können und kann per jus vitae ac nectis exclusiv über Leben und Tod der Mitglieder urteilen[123].  

Die Bedeutung des Rechts und der Fähigkeit zur Entscheidung über den Feind und den Krieg ist ebenso existentiell wie der Charakter des Freund-Feind-Verhältnisses und kann nicht an Dritte, seien es andere Organisationen, Gruppierungen oder Staaten auf institutioneller Seite, seien es Werte oder Normen auf moralisch-juristischer Seite, delegiert  werden. Aus diesem Grunde sind auch Normierungen oder Moralisierungen, wie sie z. B. in den Formeln „gerechter Krieg“ oder „im Namen der Menschheit“ ihren Ausdruck finden, wörtlich genommen sinnlos und dienen häufig im Gegenteil indirekt der Verschleierung eines eigentlich politischen Verhältnisses.[124] Hinter Begriffen wie ‚Staat‘, ‚Feind‘, ‚Krieg‘ steht bei Schmitt die Auffassung des Jus Publicum Europaeum[125]. Schmitts völkerrechtliche Ansicht gesteht dem Staat die Möglichkeit zu, die genannten existentiellen Entscheidungen zu treffen und stellt der auf Einheit gestützten Souveränität des Einzel-Staates die Welt als ein „Pluriversum“ von Staaten gegenüber, die ihre Souveränität gegenseitig anerkennen.[126] Ein Staat kann niemals die ganze Menschheit repräsentieren, da die „Menschheit“ bislang keine Feinde hat.[127]

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang  – und dies führt zum zweiten Punkt der Untersuchung – , dass auch der Feind immer ein Mensch bleibt. Denn gerecht ist immer nur der Feind und niemals der Krieg. Die klaren Unterscheidungen von Schmitts Begriff des Politischen zeigen vielleicht unangenehme Wahrheiten auf, sorgen aber für Transparenz und verhindern eine Verschleierung der Verhältnisse, die zur Enthemmung eines durch das alte Völkerrecht gehegten Krieges führen können. In einem solchen Fall schreibt man sich selbst zu, im Namen unverbrüchlicher Werte zu kämpfen und macht aus dem gerechten Feind einen „geächteten“. Die Heraufkunft des Liberalismus im letzten Jahrhundert fördert nach Schmitt in außenpolitischer Perspektive eine Enthegung des Krieges und führt durch das Doppel Ethik-Ökonomie[128] zu einer Reformulierung der politischen Terminologie mit dem Ziel, dass ein „ökonomisch fundierter Imperialismus“[129] sich ungehindert ausbreiten wird.[130] Innen- wie außenpolitisch gilt Schmitts Kampf den Entpolitisierungen und Neutralisierungen, die aus dem Liberalismus des 19. Jahrhunderts resultieren. 

Der dritte Punkt der Untersuchung kommt in Schmitts Schrift „Staatsgefüge und Zusammenbruch des zweiten Reiches“[131] zum Ausdruck, in der er den Verfassungskonflikt von 1862-66 zwischen preußischer Regierung und Parlament beschreibt, welcher letztlich einen „Sieg des Bürgers über den Soldaten“ bedeutete. Der Erfolg des liberalen Bürgertums verdankte sich der Schaffung eines Monopols:

In einer solchen Lage hatte die liberale Beweisführung das große politische Übergewicht, das der Besitz eines politisch umkämpften Begriffes verschafft. Verfassungsstaat und Rechtsstaat waren ihr Monopol. Sie hatte sich ihre eigenen Begriffe von Recht und Verfassung geschaffen, und alles, was sie tat und forderte, erschien daher als ein Kampf, nicht etwa nur für ein liberales Recht und eine liberale Verfassung, für einen liberalen Rechtsstaat und liberale Freiheit und Gleichheit, sondern für die Verfassung und den Rechtsstaat, für Freiheit und Gleichheit überhaupt. Unversehens unterschob sich überall, selbst in den Darlegungen der preußischen Regierung, dem Wort ‚Verfassung‘ ein liberal-rechtsstaatlicher Sinn.[132]

Was Schmitt beschreibt, ist eine besondere Qualität von Ideologie. Es handelt sich nicht mehr, wie bei anderen Ideologien, um die Ansicht, man vertrete das beste und richtige Weltbild oder die wahre Auffassung, sondern diese Form von Ideologie hat die Eigenschaft, dass sie sich für die einzig mögliche hält bzw. zur Wahrnehmung von Alternativen nicht in der Lage ist. Es gibt Freiheit und Gleichheit dann eben nur noch als liberale Freiheit und Gleichheit, deren Expansion sich niemand entziehen kann. Bei der Frage der herrschenden Moral zeichnen sich eine besonders interessante Parallele, aber auch der entscheidende Unterschied zu Nietzsche ab:

Moral ist heute in Europa Heerdenthier-Moral: – also nur, wie wir die Dinge verstehn, Eine Art von menschlicher Moral, neben der, vor der, nach der viele andere, vor Allem höhere Moralen möglich sind oder sein sollten. Gegen eine solche ‚Möglichkeit‘,  gegen ein solches ‚Sollte‘ wehrt sich aber diese Moral mit allen Kräften: sie sagt hartnäckig und unerbittlich ‚ich bin die Moral selbst, und nichts ausserdem ist Moral!‘ – ja mit Hülfe einer Religion, welche den sublimsten Heerdenthier-Begierden zu Willen war und schmeichelte, ist es dahin gekommen, dass wir selbst in den politischen und gesellschaftlichen Einrichtungen einen immer sichtbareren Ausdruck dieser Moral finden: die demokratische Bewegung macht die Erbschaft der christlichen.[133]

Auch Nietzsches Kritik wendet sich gegen eine Moral der Ausschließlichkeit, die neben sich keine Alternative kennt. In einem Vorgriff auf den in Kapitel B. 4. entwickelten Gedanken, lässt sich hier von einem ‚reaktiven Typus‘ von Moral sprechen, der die Grenzen zwischen Erkenntnistheorie und Wissenschaft einerseits und Moral und Ideologie andererseits verwischt. Der grundlegende Unterschied zwischen Nietzsche und Schmitt besteht in der Einschätzung der  Herkunft dieser Moral. Während Nietzsche die herrschende demokratisch-liberale „Herdentier-Moral“ als Nachfolger der christlichen Moral sieht, bewertet Schmitt den Liberalismus im Gegenteil als ein ‚neues‘ Phänomen, welches im 19. Jahrhundert an Macht gewinnt und eben nicht mehr durch eine christliche Souveränität in den Schranken gehalten werden kann.[134] Nietzsche plädiert letztlich für eine starke, autonome Individualität fernab jeglicher liberaler Illusion, während für Schmitt das Individuum seinen Wert immer erst durch eine übergeordnete religiöse[135] oder weltliche Institution[136] erhält.

Das Bürgertum kann nicht aus eigener Stärke oder politischer Souveränität seine Ziele durchsetzen. Es bedarf vielmehr der Ideologie der liberalen Werte, um die Macht an sich zu reißen.[137] Dabei werden diese Werte von Nietzsche und Schmitt nicht abgelehnt. Beide Denker sehen ein Problem aber darin, dass besonders humanistisch erscheinende Werte nur als „Machtstrategie“[138] eingesetzt werden, die genau das Gegenteil von dem bewirken, was sie offiziell propagieren.[139] Nietzsche beschreibt die Praxis:

Die liberalen Institutionen hören alsbald auf, liberal zu sein, sobald sie erreicht sind: es gibt später keine ärgeren und gründlicheren Schädiger der Freiheit, als liberale Institutionen. Man weiss ja, was sie zu Wege bringen: sie unterminieren den Willen zur Macht, sie sind die zur Moral erhobene Nivellierung von Berg und Tal, sie machen klein, feige und genüsslich, mit ihnen triumphirt jedes Mal das Heerdenthier. Liberalismus: auf deutsch Heerden-Verthierung...[140]

In der Diagnose des 19. Jh. als einer Epoche des staatszersetzenden Liberalismus und der Einschätzung einer nur scheinbaren Würde der gefeierten Individualität stimmen Schmitt und Nietzsche überein. Somit lässt sich Schmitt, trotz der zu verurteilenden zeitweiligen Hinwendung zum Nationalsozialismus, die nicht logische Folge seiner Lehre insgesamt ist, für eine Aufdeckung der liberalen Ideologie produktiv einsetzen.


[112] Wesentliche Unterschiede zwischen Schmitt und Nietzsche beschreibt Meuter, Günter: Der Katechon. Zu Carl Schmitts fundamentalistischer Kritik der Zeit. Berlin, 1994, S. 328 – 331.

[113] Trotz eindeutiger Distanzierung von Carl Schmitts Beteiligung im Nationalsozialismus bin ich dennoch der Meinung, dass Schmitts Lehre nicht grundsätzlich faschistisch zu nennen ist, sondern uns wesentliche  Elemente seiner Liberalismuskritik gerade deswegen irritieren, weil sie auch heute noch zutreffen. Eine bloße Reduzierung Schmitts auf sein Engagement im Dritten Reich folgt somit teilweise auch einem ideologischen Schema.

[114] Schmitt, PT, S. 66: „Jener Liberalismus mit seinen Inkonsequenzen und Kompromissen lebt für Cortes nur in dem kurzen Interim, in dem es möglich ist, auf die Frage: Christus oder Barrabas, mit einem Vertagungsantrag oder der Einsetzung einer Untersuchungskommission zu antworten. Eine solche Haltung ist nicht zufällig, sondern in der liberalen Metaphysik begründet. Die Bourgeoisie ist die Klasse der Rede-und Pressefreiheit und kommt gerade zu diesen Freiheiten nicht aus irgendeinem beliebigen psychologischen und ökonomischen Zustand, aus handelsmäßigen Denken oder dergleichen.“   

[115] Maschke, Günter: Drei Motive im Anti-Liberalismus Carl Schmitts. In: Carl Schmitt und die Liberalismuskritik. Klaus Hansen, Hans Lietzmann (Hrsg.), Opladen, 1988, S. 73 beschreibt einige Elemente von Schmitts Liberalismuskritik: „Will man generell die Frage beantworten, worin denn der Anti-Liberalismus Schmitts besteht, so ist zu sagen: Er wurzelt weltanschaulich im Katholizismus, juristisch im Dezisionismus, politisch im Etatismus, und sein gesellschaftliches Ideal ist die geeinte Nation.“

[116] Schmitt, Carl: Der Begriff des Politischen: Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corollarien, 6. Aufl., 4. Nachdr. der Ausg. von 1963, Berlin: 1996 , 26 (im Folgenden zitiert als BdP).

[117] Der Feind ist existentiell etwas anderes: „Der politische Feind braucht nicht moralisch böse, er braucht nicht ästhetisch hässlich zu sein; er muß nicht als wirtschaftlicher Konkurrent auftreten, und es kann vielleicht sogar vorteilhaft scheinen, mit ihm Geschäfte zu machen. Er ist eben der andere, der Fremde, und es genügt zu seinem Wesen, daß er in einem besonders intensiven Sinne existenziell etwas anderes und Fremdes ist, so daß im extremen Fall Konflikte mit ihm möglich sind, die weder durch eine im voraus getroffene generelle Normierung, noch durch den Spruch eines ‚unbeteiligten‘ und daher ‚unparteiischen‘ Dritten entschieden werden können“ (Schmitt, BdP, S. 27)

[118] Schmitt, BdP, S. 33. Diese Einschränkung wird gerne von den Autoren (vgl. Lieber, S. 116) übersehen, die Schmitt nicht erst wegen seines Engagements im Dritten Reich dem Nationalsozialismus zuschlagen wollen, sondern schon aufgrund seines Begriffs des Politischen. Dabei geht es Schmitt mit seiner Freund-Feind-Differenzierung eben nicht darum, wie beispielweise Lieber meint, den totalen Staat vorzubereiten. Vielmehr plädiert Schmitt für eine Philosophie der klaren Unterscheidungen.

[119] Schmitt, BdP, S. 29: „Feind ist nur der öffentliche Feind, weil alles, was auf eine solche Gesamtheit von Menschen, insbesondere auf ein ganzes Volk Bezug hat, dadurch öffentlich wird.“

[120] Schmitt, BdP, S. 37.

[121] Vgl. Schmitt, BdP, S. 39. Souveränität bewährt sich bei Schmitt im Ausnahmefall: „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet“ (Schmitt, Carl: Politische Theologie. Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität. Neusatz auf Basis der 1934 erschienen zweiten Auflage. 7. Auflage, Berlin, 1996, S. 13 (im Folgenden zitiert als PT)).

[122] Vgl. Schmitt, BdP, S. 44/45.

[123] Schmitt, BdP, S. 46-48.

[124] Vgl. Schmitt, PT, S. 50-52.

[125] Vgl. Schmitt, Carl: Der Nomos der Erde im Völkerrecht des Jus Publicum Europaeum, 4. Aufl. Berlin, 1997.

[126] Schmitt, PT, S. 54: „Aus dem Begriffsmerkmal des Politischen folgt der Pluralismus der Staatenwelt. Die politische Einheit setzt die reale Möglichkeit des Feindes und damit eine andere, koexistierende, politische Einheit voraus. Es gibt deshalb auf der Erde, solange es überhaupt einen Staat gibt, immer mehrere Staaten und kann keinen die ganze Erde und ganze Menschheit umfassenden Weltstaat geben. Die politische Welt ist ein Pluriversum, kein Universum.“

[127] Vgl. Schmitt, BdP, S. 55.

[128] Maschke, Günter, 1988, S. 73: „Immer aber ließe sich die erwähnte Polarität von Ethik und Ökonomie finden. Akzeptiert man diese als typisch liberal, findet man von ihr aus auch die Einheit des Schmitt‘ schen Anti-Liberalismus.“

[129] Vgl. Schmitt, BdP, S. 77.

[130] Schmitt, BdP, S. 77: „Der Gegner heißt nicht mehr Feind, aber dafür wird er als Friedensbrecher und Friedensstörer hors-la-loi und hors l‘humanité gesetzt, und ein zur Wahrung oder Erweiterung ökonomischer Machtpositionen geführter Krieg muß mit einem Aufgebot von Propaganda zum ‚Kreuzzug‘ und zum ‚letzten Krieg der Menschheit‘ gemacht werden. So verlangt es die Polarität von Ethik und Ökonomie.“

[131] Schmitt, Carl: Staatsgefüge und Zusammenbruch des zweiten Reiches. Der Sieg des Bürgers über den Soldaten. Hamburg, 1934 (im Folgenden zitiert als StaZu). Natürlich muß bei dieser Schrift beachtet werden, dass Schmitt seit dem 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP war und durch die Ausübung verschiedener Ämter schon vollständig  ins nationalsozialistische System integriert war (vgl. Mehring Reinhard: Carl Schmitt zur Einführung. Hamburg, 1992, S. 102), dennoch enthält auch diese Schrift – trotz aller eigenen ideologischen Verzerrungen – einen interessanten ideologiekritischen Ansatz bzgl. des Liberalismus. 

[132] Schmitt, StaZu, S. 17. Leider kann der genannte Konflikt an dieser Stelle nicht ausführlicher dargelegt werden. Es kommt aber hier auch nicht so sehr auf die Darstellung des Konfliktes an als auf die Konturierung der liberalen Strategie.

[133] Nietzsche, JGB, S. 124/125.

[134] Meuter, 1994, S. 328/329: „Was Schmitt dem steilen subjektivistischen Groteskpathos des Nietzscheschen Übermenschentums entgegenhält, ist ein im Institutionellen verankerter Rationalismus der Gelassenheit. Die List dieser institutionellen Vernunft konstituiert nach dem Vorbild der katholischen Kirche das charisma veritatis durch die Verleihung eines Amtes. Das Sprichwort: Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand, zitiert Schmitt daher mit vollem Ernst als einen im eminenten Sinne juristischen und anti-individualistischen.“

[135] Schmitt, Carl: Römischer Katholizismus und politische Form. Erstmals veröffentlicht 1923 bei Jakob Hegner in Hellerau. Der Text der dieser Neuausgabe folgt der 1925 im Theatiner-Verlag, München erschienen 2. Auflage, 2. Auflage, Stuttgart, 2002.  

[136] Mehring, 1992, S. 54: „Für den Staat und juristisch betrachtet ist der Einzelne ein Funktionsträger, der ‚Wert‘ und ‚Bedeutung‘ nur im Staatsdienst für das Recht hat.“

[137] Ottmann, 1987, S. 299: „Und alle normative Forderung des Liberalismus nach Freiheit oder Recht wird als heimliche Forderung nach Macht und gleicher Macht abgetan ... Freiheit wurde gefordert, solange man die Macht noch nicht besaß, hatte man sie, ‚will man Übermacht; erringt man sie nicht (ist man noch zu schwach zu ihr), will man ‚Gerechtigkeit‘ d. h. gleiche Macht‘.“

[138] So schreibt Fink-Eitel, Hinrich: Nietzsches Moralistik. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie. Zweimonatsschrift der internationalen philosophischen Forschung. Jahrgang 41/4, Berlin, 1993., S. 872 bezüglich Nietzsches Kritik an vermeintliche selbstlosen Werten ‚Herdenmoral‘: „Nietzsches Polemik gilt nicht diesen Werten als solchen, sondern der subtilen Machtstrategie, die sich faktisch dahinter verbirgt. Statt Selbsthingabe und Demut auszudrücken, beinhalten Nächstenliebe und Mitleid die Möglichkeit grausamer Selbstbehauptung und Überlegenheit.“

[139] Schmitt, BdP, S. 55: „‚Menschheit‘ ist ein besonders brauchbares ideologisches Instrument imperialistischer Expansionen und in ihrer ethisch-humanitären Form ein spezifisches Vehikel des ökonomischen Imperialismus.“

[140] Nietzsche, GD, S. 139.


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