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3. 2 Erstellung von sportroman- und sportfilmtypischen Aufbaumustern

In der bisherigen wissenschaftlichen Bearbeitung ist der Aspekt des Aufbaus literarisch und filmisch verarbeiteter Sportgeschichten missachtet worden. Gebauer hat mit seiner Analyse des Aufbaus der Sportberichterstattung einen entscheidenden Grundstein gelegt. Seine an André Jolles’ (Einfache Formen) orientierten Überlegungen sind allerdings für unser Vorhaben nur bedingt zu gebrauchen. Auf diese „drei mit Vorliebe bei der Darstellung von Ereignissen des Sports“[72] verwendeten Erzählformen „Legende, Märchen und Kasus“ werden wir im Bedarfsfall zurückgreifen. Wir werden sie unterstützend zu unseren Überlegungen mit einbeziehen, doch die fiktiven Sportgeschichten lassen sich nicht so strikt trennen wie die Erzählmuster der Sportberichterstattung. Es ergeben sich Vermischungen in verschiedenen Bereichen, was wir aber insgesamt als unproblematisch ansehen, da die von uns aufgestellten Muster eben nur die literarische und filmische Bearbeitung des Sports behandeln.

Wir meinen für den Aufbau fiktiver Sportgeschichten erkannt zu haben, dass sie Strukturen aufweisen, die häufig wiederkehren. Im strukturellen Aufbau solcher fiktiven Sportgeschichten haben wir fünf Hauptkategorien gefunden, die wir nachfolgend erläutern werden. Dabei sind wir zu dem Schluss gekommen, dass im Aufbau kein Unterschied zwischen der literarischen und der filmischen Verarbeitung des Sports besteht. Es ergibt sich dadurch eine Allgemeingültigkeit der Aufbaumuster für Literatur und Filme, die Sport zum Sujet haben. Dabei sei allerdings einschränkend erwähnt, dass wir nur Geschichten betrachtet haben, die in die von uns aufgestellte Definition des Sportbegriffs (siehe Punkt 2.1.3) passen. Denkbar wäre aber dennoch, dass die nachfolgenden Aufbaumuster sich möglicherweise auch auf Reiterromane und Schachfilme anwenden lassen.

Zunächst sei darauf hingewiesen, dass wir mit der Einteilung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben wollen. Beispielsweise haben wir bewusst biographische und autobiographische Filme oder Bücher nicht mit in unsere Untersuchungen eingeschlossen, da wir uns im Hauptteil ausschließlich auf Sportromane und Sportfilme konzentrieren. Die Vielzahl der biographischen und autobiographischen Sportlererzählungen könnte an anderer Stelle, aber hier anknüpfend, fortgesetzt werden. Für weitere Aufbaumuster von Sportromanen und Sportfilmen ist das ebenso denkbar.

Zur Vorgehensweise: Wir werden versuchen, die für den Aufbau entscheidenden Elemente aus der Handlung von Film oder Buch heraus zu skelettieren. Diese entscheidenden Stationen in Text oder Film sollen im Idealfall unabhängig von sportlicher Qualität (Kreis- oder Weltklasse wären daher denkbar), Sportart und Ausgang der Handlung betrachtet werden können. Sie werden hier zunächst an einem Beispieltext oder -film nachgewiesen, im Anschluss werden wir die Primärtexte und –filme, die wir in dieser Arbeit einer genaueren Betrachtung unterziehen wollen, in das aufgestellte Aufbau-Muster einordnen.

Zunächst wollen wir ein erstes grobes Unterscheidungsmerkmal aufführen. Sportromane und –filme ließen sich nach vielen Kriterien unterscheiden. Mannschaftssport vs. Individualsport wäre zum Beispiel eine solche Unterscheidung. Amateur vs. Profi wäre ebenfalls eine Möglichkeit, nach der man grob unterscheiden könnte. Diese Varianten haben wir versucht durchzuspielen und dabei erkannt, dass sie eigentlich keine wirkliche Aussagekraft in Bezug auf den Aufbau eines Sportromans besitzen.

Den Ausgangspunkt für jede Mustereinteilung bildet für uns eine einfache, aber maßgebliche Unterscheidung: Handelt es sich im vorliegenden Film oder Roman um einen Sportler, der am Anfang seiner Karriere steht? Oder um einen etablierten Sportler? Diese Unterscheidung erscheint uns im Gegensatz zu beispielsweise Amateur vs. Profi wichtig, weil sie einen entscheidenden Hinweis auf den Verlauf der Geschichte geben kann. Auf den kurzen Nenner könnte man das so bringen: Der Aufsteiger kämpft sich seinen Weg nach oben, der etablierte Sportler muss erst fallen, um sich wieder nach oben zu kämpfen. Angesichts des gesetzten Ziels, bei der Erstellung der Aufbaumuster die sportliche Qualität nicht zu berücksichtigen, steht bei uns die Überlegung im Vordergrund, dass es Aufsteiger auch im Profisport geben kann und etablierte Sportler auch bei den Amateuren. Beginnen wollen wir mit Letzteren.



Fußnote

[72] Gebauer, Gunter (1983): Geschichten, Rezepte, Mythen. Über das Erzählen von Sportereignissen;  S. 141.



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