[zurück zum Inhaltsverzeichnis]

7. 2 Walter Basan: …und das Leder ist rund

7. 2. 1 Basis-Analyse

Im emotionsgeladenen Feldhandball-Spiel gegen Traktor Rottenbuche geht Rückraumspieler Stephan Uhlig zu weit. Er schlägt seinem Gegenspieler Paul Röhr einen Zahn aus. Plötzlich ist nichts mehr wie es war: Der Leistungsträger der BSG Chemie Neustadt erhält eine lange Sperre und geht auch nicht mehr zum Training. Er fühlt sich zu Unrecht bestraft, ist von seinen Mannschaftskameraden enttäuscht und betrachtet fortan den angehenden Sportfunktionär Georg Binder, der das Training leitet, als Feind. Binder will mit taktischen Umstellungen und Varianten die Effizienz der Neustädter Angriffe steigern. Doch dazu benötigt Binder eine geschlossene Mannschaftsleistung — „ein echtes Kollektiv…ein fest zusammengeschweißtes Ganzes […].“[458] Die Mannschaft diskutiert die verhängte Strafe gegen Uhlig allerdings zunächst kontrovers, was sich auch im Spiel durch Unkonzentriertheit und damit einhergehenden Niederlagen bemerkbar macht.

Beruflich und privat gerät Uhlig auch ins Abseits: Seine Frau Marianne, die sich in der Kontroverse um die Tätlichkeit gegen ihn gestellt hat, trennt sich von ihm. Das Labor der Vitaphosca-Werke Neustadt, die vitaminhaltige Nährstoffpräparate für Nutztiere herstellen, weist Unregelmäßigkeiten in der Effizienz des Kraftfutters nach. Ein Verdacht kommt auf, dass Mischmeister Uhlig seine Arbeit nicht so genau nimmt. Uhlig zeigt sich aber auch hier nicht einsichtig.

Uhligs Hoffnung, dass „die Mannschaft ohne [ihn] keine Chance hat[te], zur DS-Liga[459] aufzurücken“[460], erfüllt sich auch nicht. Nach einigen herben Niederlagen kann die BSG immer noch den Aufstieg schaffen. Im Rahmen der Früggenauer Spartakiade setzt sich das Binder-Team gegen die auf Tabellenplatz zwei geführten Gastgeber knapp durch. Uhlig, der das Spiel von der Tribüne aus verfolgt, ist von der kollektiven Leistung begeistert. Am folgenden Tag erklärt sich Uhlig zur Zusammenarbeit mit dem Laboranten der Vitaphosca-Werke bereit. Auch seine Ehe kann er retten.

7. 2. 2 Einordnung in ein Aufbaumuster

…und das Leder ist rund zeigt die Strukturen des Aufbaumusters Kasus II. Ein erster Hinweis darauf ergibt sich aus der Konstellation der Protagonisten: Mit Georg Binder und Stephan Uhlig stehen sich zwei konträre Charaktere gegenüber. Doch der Reihe nach: Zunächst ist Stephan Uhlig ein etablierter Sportler: Im Spiel des Feldhandball-Teams der BSG Chemie Neustadt nimmt er wegen seiner Schnelligkeit und Wurfgewalt eine dominierende Rolle ein:

„Dann kam Uhligs Spurt. Solchen Spurt sieht man sonst nur in Oberliga­spielen. Alles tobte und schrie. […] Freilich, Stephan brachte stets den Lö­wen­­­­an­­teil aller Tore auf sein Konto; ihm verdankten sie die Anwartschaft auf einen der vordersten Tabellenplätze in der Landesklasse; […].“[461]

Seine anstehende Berufung in die Landesauswahl darf ebenfalls als Beleg für die sportliche Klasse betrachtet werden.[462] Als Spieler und als Kapitän der Mann­schaft wird er gebraucht, sein Ansehen in der Gesellschaft ist gut, Torwart Max Brummert erkennt ihn als „Prachtbursche, aufopfernd, […] hilfsbereit, […].“[463]

Betreuer des Teams ist der einarmige Georg Binder[464], FDGB[465]-Funktionär, der sich nicht nur „um Selterswasser und Leukoplast“[466] kümmert. Dem Aufbaumuster-Typ Kasus II entsprechend, bildet das Sportsystem die Ebene, auf der sie sich treffen. Die unterschiedlichen Normsysteme, die Uhlig und Binder repräsentieren, werden schon innerhalb der Beschreibung des ersten Spiels gegen Traktor Rottenbuche, in dem Uhlig sich dann zur Tätlichkeit gegen Röhr hinreißen lässt, angerissen:

„Alle sahen, daß Stephan, auf den Vorteil seiner Körperkräfte und sein überlegenes Wurfvermögen vertrauend, jeden Angriff allein mit einem Torschuß krönen wollte. Aber kaum einer von ihnen hier am Rande des Spielfeldes, noch von der Mannschaft selbst, fand daran etwas auszusetzen.“[467]

Nur der angehende hauptamtliche Sportfunktionär:

„Alles tobte, und schrie. Auch Schorsch Binder. Aber er deutete dabei mit ausgestrecktem Arm auf den jäh aus dem Hinterhalt hervorgeschossenen [Mannschaftskameraden] Peter Schacht. Warum spielte Uhlig nicht ab? Noch zwei, drei Schritte… wo blieb die Abgabe? Man sperrte ihn bereits…Stephans Elan schien in den aufgehaltenen Armen des Gegners wie eine Feuerwerksrakete in einem Haufen Sand zu enden.“[468]

Damit sind die beiden wichtigen Charaktere bereits benannt und ihre Funktionen beziffert. Uhlig ist der Ausnahmeathlet mit den „breitesten Schultern von allen“[469], der mit „seinem Bombenschuß“[470] als einziger „die Mannschaft vor der Niederlage bewahren“[471] kann. Und der FDGB-Funktionär Binder, der für ein ganz anderes Spiel- und Sportverständnis steht: Für ihn geht es nicht um Sieg oder Niederlage. „Nicht entweder — oder, sondern gewinnen und den Sinn der Sache im Auge behalten…das ist der Witz.“[472]

Für den Aufbaumuster-Typ Kasus II  müssen beide Normsysteme gleichberechtigt dargestellt sein. Das wird an der Diskussion um das Foul Uhligs und die daraus möglichen Folgen deutlich. Auf einer deswegen einberufenen Mannschaftssitzung soll darüber beraten werden, wie nun weiter zu verfahren sei. Sie endet in einer Diskussion über Trainingsmethoden und die Einstellung zum Sport. Die Fronten sind verhärtet, man wirft der jeweiligen Gegenseite vor, dass sie quer treibt. Doch „,wer treibt hier quer?’ ,Uhlig!’ riefen welche, und es klang nicht gut. Aber manche sagten auch: ,Binder.’“[473] Das Foul wird also innerhalb der Mannschaft, der mikrokosmischen Gesellschaft, kontrovers diskutiert. Man weiß nicht wie es weitergehen soll. Zunächst sportlich: Denn Uhlig könnte vom Kreissportausschuss (KSA) wegen der Tätlichkeit an Gegenspieler Röhr gesperrt werden. Das brächte das Ziel „Aufstieg in die DS-Liga“ in Gefahr: „Acht Sonntage ohne Stephan, bangte Lothar Wittig […]. Acht Sonntage — acht Spiele — achtmal kaltgestellt…er wagte kaum weiterzudenken…achtmal verlieren.“[474] Teile der Mannschaft meinen: „,Ohne Stephan sind wir aufgeschmissen!’“[475] Für Binder hingegen stellt die Sperre kein Problem dar. Er appelliert „an den guten Willen jedes einzelnen“[476] und kündigt „fortschrittliche Trainingsmethoden“[477] für das Team an. Wenn „Leistung und Kameradschaftlichkeit“[478] stimmen, steht auch dem Erfolg nichts entgegen. Denn: „,Der Mannschaft fehlt jeglicher Kollektivgeist, also genau das, worauf es ankommt, ob wir nun ein anständiges Stück Arbeit oder ein sauberes Spiel hinlegen wollen.“[479]

Auch die moralische Bewertung des Fouls spaltet die Mannschaft: Binder erkennt es auf der Mannschaftssitzung als Unrecht, und schlägt vor, dass man den Rottenbuchern zeigen muss, dass man es ernst mit dem Sport meint, dass man „Farbe [bekennt] und die nötigen Konsequenzen für die weitere Arbeit daraus zieht“[480]. Er will, dass die Mannschaft den Rottenbuchern beim Aufbau ihres neuen Vereinsheims behilflich ist: „,Wenn wir nun mal ’n paar Nachmittage opfern, um drüben mit Hand anzulegen…Ich meine, das wäre doch eine Gelegenheit, um begangenes Unrecht gutzumachen’, fuhr Binder[481] […] fort.“[482] Uhlig und sein Freund Otto Westphal sind da anderer Meinung: „Als ob wir es nötig hätten, die Rottenbucher um gut Wetter zu bitten.“[483] Hier zeigt sich schon deutlich, dass sich die Wertvorstellungen der Protagonisten, was ein weiteres Charakteristikum für Kasus II ist, weiter auseinander bewegt haben. Es geht nicht mehr nur um sporttaktische Differenzen, hier wird das grundsätzliche Sportverständnis als konträr dargestellt.

Während Uhlig noch denkt, dass auf „die Kumpels […] Verlaß [ist], […], [dass] ein ansehnlicher Kreis von Sportfreunden dafür sorgen will, daß die Rottenbucher Anschuldigungen widerlegt werden“[484], tritt die Mannschaft aber fast geschlossen[485] zum „Aufbau Rottenbuche“ an. Und auch vor dem KSA läuft es nicht gut: Uhlig wird für drei Monate gesperrt, die Berufung in die Landesauswahl bleibt aus. Kasus II entsprechend, beharren Uhlig und Binder auf ihren Standpunkten. Jeder erkennt seinen Weg als richtig an, was unweigerlich zum Bruch führen muss. Von der für ihn charakterlosen Einstellung seiner Kameraden und vom Weg, den die Mannschaft in sportlicher Hinsicht eingeschlagen hat, ist er enttäuscht. „Wem konnte er denn schon noch trauen? Den sogenannten Sportfreunden seiner Mannschaft, von der die Hälfte ihn gestern glatt verraten hat?“[486] Binder betrachtet er als „Erzfeind“[487]. Enttäuscht verlässt er den Mikrokosmos Sport, ist sich aber sicher, dass die Mannschaft ihn zurückholen wird. Er erwartet, dass durch die Niederlagenserie Binder irgendwann „zu Kreuze kriechen“ muss, dass die Mannschaft einsieht, dass Uhlig „Steuer und Schraube“[488] im Spiel der Chemiewerker ist, „daß sie aufgeschmissen waren… aufgeschmissen ohne ihn.“[489]

Argwöhnisch beobachtet er Binders Trainingsmethoden[490], mit denen dieser auch Uhligs Ausfall kompensieren will. Binder versucht den mannschaftlichen Gedanken ins Spiel zu bringen und alle Spieler zum Tore werfen zu ermuntern. Zwar verliert Neustadt die nächsten Spiele, da „jeder tat, was er für richtig hielt, [und] das Zusammenspiel […] keinen echten Kameradschaftsgeist erkennen“[491] lassen wollte. Doch nach und nach verbessern sich die Leistungen der Mannschaft, da sich „endlich Anzeichen für einen bisher so schmerzlich vermißten Kollektivgeist bemerkbar machten, die für die Zukunft Anlaß zu recht optimistischer Hoffnung gäben“[492], wie die Sportpresse später feststellt.

Uhlig plagen derweil auch noch andere Sorgen.  In den Vitaphosca-Werken ist die Einhaltung des Fünfjahresplans gefährdet. Marianne kontrolliert die Fütterungs­versuche, bei denen Nutztieren ein vitaminhaltiges Mineralstoffpräparat aus den Neustädter Werken verfüttert wird. Sie stellt fest, dass es unerklärbare Unregelmäßigkeiten in der Effizienz des Kraftfutters gibt. Uhlig, der als Mischmeister das Kraftfutter zusammenmischt, lässt sich aber nicht in die Karten gucken, obwohl ihm das Labor ständig Rezeptabweichungen nachweist.

Für das Aufbaumuster Kasus II ist es bindend, dass die Handlung die Protagonisten wieder zusammenführt. In diesem Fall geschieht das aber nicht mehr auf der sportlichen Ebene. Es dreht sich um die Produktion. Binder hatte zuvor versucht, sich bei der Vitaphosca-Werksleitung dafür einzusetzen, dass man sich um eine schnelle Lösung des Effizienz-Problems bemüht. Dabei hatte er auch vorsichtig verlauten lassen, dass man die Fehlerquelle möglicherweise bei Uhlig suchen müsste: „Wenn nun oben auf dem Mischboden…ich meine, bei allem Respekt vor Uhligs Leistung kann er doch mal etwas übersehen.“[493] Doch der Vitaphosca-Leiter Karl Rosenke, der auf Uhlig große Stücke hält, wischt solche Überlegungen einfach vom Tisch:

„,Stephan Uhlig ist absolut zuverlässig!’ […] ,Wenn er pro Tag seine neunzehn Mischungen macht, beispielsweise, verbraucht er das entsprechende Quantum D-Vitamin.’ […] ,Im übrigen mischt sich ja das Zeug von selbst. Er teilt ein, setzt die Reihenfolge fest und sorgt für eine Reibungslose Beschickung der Trommeln…’“[494]

Rosenke will lieber warten, bis das Labor den Nachweis für die Unstimmigkeiten geleistet hat. Ein Vorgang, der mehrere Wochen dauern kann, und daher bei Binder auf Unverständnis stößt: „,Wieviel Packungen gehen bis dahin hinaus? Wieviel Tiere werden damit gefüttert? Und wie groß ist die Einbuße an Fett, Fleisch, Milch, die wir alle dadurch erleiden, daß unser Erzeugnis nicht durchweg so anschlägt, wie es anschlagen müsste?’“[495]

Binder beschließt, sich selbst darum zu kümmern. Er stattet Uhlig einen Besuch ab, und klärt ihn über dessen Verantwortung auf. Doch der ist eher verärgert. Einsichtig wird Uhlig erst, als er im Spiel gegen den Tabellenzweiten seine „Grünhemden erfolgreich vorwärtsstürmen“[496] sieht: Uhlig erkennt, dass die Mannschaft nun die Handschrift Binders trägt. „Die […] Kombinationen liefen wie am Schnürchen, der Dreierwechsel klappte, und die Abwehr tat, was Schorsch Binder ihr immer wieder eingeschärft hatte  […].“[497] Und „das Herz ging ihm auf, wie wenn der Wind unter das Tuch einer eingerollten Standarte fährt.“[498] In der Akzeptanz der Leistung Binders gesteht Uhlig seine Fehler ein. Den Kollektivgeist der Mannschaft überträgt er auf die Arbeit: „Stephan Uhlig überdenkt jeden Handschlag, wie er seine Einstellung der Mannschaft und dem Sport gegenüber überdacht.“[499] 

7. 2. 3 Basis-Interpretation

…und das Leder ist rund erschien 1953. Wir befinden uns also in den Anfängen der DDR. Das bringt mich zur ersten Hypothese bezüglich des Literaturprogramms der jungen Republik: In Basans Roman werden gezielt die politischen Postulate der SED umgesetzt. Ich bin mir dessen bewusst, dass diese Hypothese keineswegs originell ist. Sie gibt aber meiner Meinung nach einen ganz guten Einstieg in die Problematik. Im weiteren Verlauf der Basis-Interpretation werde ich mich noch mehrmals auf diese Hypothese beziehen. Zunächst will ich ein wenig ausholen: Die DDR wurde 1949 von Menschen gegründet, die unter der Weimarer und einer nationalsozialistischen Regierung aufgewachsen sind. Zielsetzung der DDR-Politik war vom ersten Tag an, alles nationalsozialistische abzuschaffen. „Zwölf Jahre NS-Regime und Krieg […] hatten zu einer allgemeinen Verrohung, Demoralisierung und Preisgabe humaner Normen geführt, die einen Neuanfang in jeder Hinsicht notwendig […] machten.“[500] Humanistische Werte und sozialistische Tugenden mussten wiederhergestellt bzw. aufgebaut werden, was eine Art „Umerziehung“ der Bevölkerung der DDR zur Folge hatte. Den Autoren, denen Stalin das Attribut »Ingenieure der Seele«[501] zusprach, kam eben ein Teil dieser Erziehungsarbeit zu. Anton Ackermann, der in der SED für Fragen der Ideologie, Kultur und Bildung verantwortlich war, forderte, dass es gerade die Aufgabe der Schriftsteller sein soll, den neuen Menschen heranzubilden.[502] In Basans Roman wird das Motiv des Neuanfangs angesprochen. Harry Fabian, der zu Kriegszeiten noch Schüler war, nun ein guter Sozialist ist und in die „Leitung der FDJ-Betriebsgruppe gewählt“[503] wurde, deutet exemplarisch das Ende der NS-Diktatur und den Neuanfang der DDR: „Harry erinnerte sich nicht gern daran, weil die Erinnerung schmerzliche Bilder des Hungers, der Angst und der sinnlosen Vernichtung lebendig machte. Er hielt sich an die Zukunft, er wollte, daß die heller wurde als das, was hinter ihm lag.“[504]

Das führt mich zu einer ersten die Textkonzeption betreffenden Überlegung: Es gibt gute und böse Menschen, oder genauer, sozialistische und unsozialistische Menschen im Roman. Davon treten insgesamt eine Menge auf, doch gilt es zuerst zu klären, was ein sozialistischer Mensch ist: Zunächst einmal ist er Antifaschist. „Der Nationalsozialismus […] war das Menschenfeindliche, Böse schlechthin. Folgerichtig promovierte der »Antifaschismus«, und auf seinem Rücken der Sozialismus gleich mit, automatisch zum Menschenfreundlichen, Guten schlechthin […].“[505]

Daher beteiligt sich der Antifaschist aktiv am Aufbau der sozialistischen Gesellschaft. Zu seiner idealen Lebensweise gehören ein unerschütterliches „ideologisches Bewusstsein, […], Treue zum Sozialismus, […] ,gewissenhafte und ehrliche Arbeit, […] Kameradschaftlichkeit und Hilfsbereitschaft [sowie] körperliche Ertüchtigung.’“[506] Das politisch geforderte optimistische Menschenbild verpflichtete die Literatur auf die Schaffung positiver Helden.

„Die Figurengestaltung wurde auf einen Wertekatalog festgelegt, mit dem der Leser auf den richtigen Weg zum <typisch> sozialistischen Wohlverhalten geleitet werden sollte: Die Protagonisten sind zugleich geistig aufgeschlossen […], verantwortungsbewußt, selbstlos, optimistisch, kontaktfreudig, fortschrittlich, selbstbewußt, leistungs- und kampfbereit, gesellschaftlich aktiv und vorwärtsdrängend.“[507]

Alle Charaktere daraufhin zu überprüfen, wäre ein langwieriges und unbefriedigendendes Unterfangen[508]. Ich beschränke mich auf die zwei wichtigen Akteure. Georg Binder ist selbst aktiver Sportler, er trägt das „Sportleistungsabzeichen [am] Jackett.“[509] „,Als Kriegsversehrter — und dann die Bedingungen erfüllt…Alle Achtung’“[510], wird Binders sportliche Leistung — freilich erst am Ende der Handlung — von Uhlig gewertet.[511] Seine Fortschrittlichkeit kann durch die schon erwähnten neuen Trainingsmethoden belegt werden. Binder, der als freigiebig[512] beschrieben wird, fordert: „Verantwortungsbewußtsein beim Sport und Verantwortungsbewußtsein bei der Arbeit…“[513] Und er lebt das Verant­wortungsbewusstsein vor: Er setzt sich nicht nur beim Genosse Karl Rosenke für den Sport ein, ihm liegt auch die Produktion am Herzen. Er schaltet sich in die Diskus­­sion um die Effizienz des Kraftfutters ein, indem er Uhlig einen privaten Besuch abstattet und ihn auf seine Verantwortung hinweist: „Aber du bist Mischmeister…der Mischmeister der ersten Brigade […] [,] und von einem Mischmeister kann man wohl erwarten, daß er mit seinen Zutaten vorbildlich umgeht.“[514]

Auch ohne eine ähnliche Prüfung der Text-Tatsachen lässt sich wohl erkennen, dass Uh­lig kein solcher Vorzeigesozialist ist. In punkto gewissenhafter Arbeiter hat Uhlig das Klassenziel (noch) nicht erreicht: Obwohl ihm das Labor „von Zeit zu Zeit größere und kleiner Rezeptabweichungen nachwies“[515], sieht er nicht die Notwen­dig­keit, sich damit auseinander zu setzen. Diese Ignoranz ergibt sich aus Uhligs eigennützigen Verhalten und ist die Parallele zu seinem Verhalten auf dem Spielfeld. Für Uhlig zählt der persönliche Erfolg. Auf dem Platz sind es die vielen Tore die er wirft. Im Werk ist es die große Anzahl der Mischungen die er schafft. Für ihn ist es wichtig, dass seine individuelle Leistung gewürdigt wird, dass ihm Rosenke „an­er­kennend auf die Schulter“[516] klopft und es „’ne Aufbesserung für [die] Brieftasche“[517] gibt. Damit steht der Individualist Uhlig im starken Kontrast zu Binder.

Die Gegenüberstellung sozialistischen und unsozialistischen Verhaltens beschreibt sehr deutlich den realen gesellschaftlichen Zustand der DDR, der sich logischerweise aus den Startvoraussetzungen Republik ergibt. Daher muss die zweite Hypothese bezüglich der Textkonzeption lauten: In Basans Roman wird gezeigt, dass sich unsozialistisches Verhalten nicht auszahlt. Das lässt sich an der Person Uhligs festmachen. Betrachten wir das Foul an Röhr. Die „grobe Unsportlichkeit“[518], eine „gotteserbärmliche Gemeinheit“[519], kann kaum als „leistungs- und kampfbereit“, wie der sozialistische Protagonist sein soll, interpretiert werden. Allein der weitere Verlauf der Handlung suggeriert schon, dass unsozialistisch mit unsozial gleichzusetzen ist. Uhlig schlägt die Chance aus, „begangenes Unrecht [wieder] gutzumachen.“[520] Die aus der Tätlichkeit resultierenden Folgen für Uhlig sind hier schon hinlänglich thematisiert worden. Das Foul, und insbesondere Uhligs darauf folgendes unsozialistisches Verhalten, sorgt dafür, dass die Sozialisten der Mannschaft ihren Helden plötzlich mit neuen Augen sehen. Torwart Max Brummert, der Uhlig zuvor als Prachtburschen betrachtet, erkennt: „,Stephan — als ob sich immer alles um den drehen müsste. Stellt sich an wie `ne Primadonna, […]…Sind denn die anderen Luft? Wer nicht will, der hat schon.’“[521] Ich will daher meine zweite Hypothese zur speziellen Textkonzeption etwas schärfen: Unsozialistisches Verhalten zahlt sich in Basans Roman nicht nur nicht aus, unsozialistisches Verhalten sorgt für den Ausschluss aus dem System. Zunächst wieder Uhlig: Er zieht sich enttäuscht aus der Mannschaft zurück. Damit wird die Ablehnung der sozialistischen Werte, die Ablehnung des Kollektivs dokumentiert. Eine Wiederkehr in die Mannschaft macht Torwart Brummert davon abhängig, dass Uhlig die sozialistischen Werte anerkennt:  „,Wenn er erst merkt, daß es auch ohne ihn geht — vielleicht sogar besser geht —, dann wird er hoffentlich wieder zu sich kommen!’“[522] Genauer: Eine Rückkehr Uhligs in die Mannschaft ist an zwei Voraussetzungen geknüpft. Erstens muss das kollektive Zusammenspiel den Beweis antreten, dass es ohne Individualisten aus­kommt, ja vielleicht sogar besser funktioniert. Und daran ist zweitens die Vermutung geknüpft, dass Uhlig zur Vernunft kommt, sein Fehlverhalten einsieht und sich auch in den Dienst des Kollektivs stellt. Vorher ist eine Rückkehr in die Mannschaft nicht möglich. Wie wir schon wissen, leistet der Roman diese Überzeu­gungsarbeit, denn die kollektive Leistung seiner „Grünhemden“ im entscheidenden Spiel gegen Früggenau lässt Uhlig ja das Herz — oder besser ein Licht — aufgehen. Für andere Figuren im Roman gilt das nicht. Der intrigante Otto Westphal hatte verlau­ten lassen, dass „er Regie“[523] führt, und er hat sogar ein Ultima­tum gestellt: „,Entweder er macht den Sturmführer, und alles hört auf sein Kommando, oder er geht…’“[524] Folgerichtig muss er mit dem erpresserischen Ziebe nach Bitterfeld ziehen.[525]

Letztlich führt mich das zu der Überlegung, dass asozialistisches Verhalten mit kapi­talistischem Verhalten gleichzusetzen ist. Das lässt sich bedingt sprachlich nach­weisen: In den frühen Jahren von DDR und BRD versuchten sich die jeweiligen (meist politischen) Kontrahenten zu diskreditieren, indem sie ihren Gegner und dessen Verhalten mit verbrecherischen Vergleichen bedachten.[526] Im Roman werden Uhligs harte Spielweise und das Foul als „,Gangstermethoden!’ […] [und] ,Wild-West-Manieren!’“[527] bezeichnet. Beides sind im weitesten Sinne Metaphern für im Westen zu findendes verbrecherisches Verhalten. Den deutlichsten Hinweis darauf, dass Uhlig und Westphal als typische Kapitalisten beschrieben werden, gibt ihr eigen­nütziges Verhalten. „Karrierismus […] [und] Korruption“[528] sind nach Mei­nung von Walter Ulbricht die typischen Erscheinungen der Sportbewegung in West­deut­schland, die bei der Entwicklung der ostdeutschen Sportbewegung zu vermeiden seien.

Für meine Hypothese zum Literaturprogramm, dass die DDR-Literatur die politischen Postulate umsetzt, bin ich noch einige Text-Tatsachen schuldig geblieben. Beleg 1: Brummert äußert deutlich seine Verärgerung über Uhligs persönliche Ein­stellung: „Sind denn die anderen Luft?“ Die rhetorische Frage beziffert die im DDR­-Sport allgegenwärtige Diskussion zwischen individueller Einzelleistung und kol­lektivem Erfolg. Der kollektivistische Gedanke war der Grundge­danke im jungen DDR-Sport. „Persönlichkeiten, die gleichermaßen Individual- und Kol­­lektivgeist ent­­wickeln sollen, können nur gespalten sein oder sich opportunistisch ver­halten.“[529] Im Roman  wird das durch Otto Westphal belegt: Sich immer noch Hoffnung auf eine Berufung in die Landesauswahl machend, steigt er wieder ins Training ein. Er war „von der Atmosphäre, die Schorsch Binder mit seinen Auffassungen vom Sport im allgemeinen und dem Mannschaftsgeist im besonderen in ihre Reihen getragen hatte, überrascht. Sie beeindruckte ihn mehr, als er sich zunächst eingestehen mochte.“[530]

Später verlangt er dennoch „Sturmführung“ und „Regie“ des Teams. Beleg 2: Walter Ulbricht fordert, dass die Sportler der DDR von den Sportlern der anderen sozialistischen Länder lernen sollten (Kapitel 7. 1. 2). In …und das Leder ist rund  lädt Harry Fabian einen tschechoslowakischen Sportsfreund zur Mannschaftssitzung, die wegen Uhligs Foul einberufen wurde, ein:

„Der Steuermann von der ,Praha’ ist ’n aktiver Sportler, ein Fußballspieler aus der Liga, der versteht was von der Sache. […] Warum soll er als Unbeteiligter nicht einen ganz vernünftigen Vorschlag machen, wie man diese leidige Geschichte am besten bereinigt?“[531]

Auch in punkto Trainingsgestaltung erhofft sich Fabian vom Tschechoslowaken Anregungen: „Weißt du schon — der Schorsch trainiert jetzt mit mir…Langlauf und Speerwerfen. Er sagt, er ist dabei, die Erfahrungen von Emil Zatopek auszuwerten. Mal sehen, was der Schiffer uns dazu noch sagen kann…“[532] Beleg 3: „Für alle im Schwerpunkt erfassten Sportler sind durch die verantwortlichen Trainer Entwicklungspläne aufzustellen“[533], die das Leistungsniveau heben. „,Trainieren nach Methode’, […], [nach] einer vorher genau festgelegten wissenschaftlichen Methode…’“[534], fordert Harry Fabian.

Eine abschließende Hypothese zur speziellen Textkonzeption: …und das Leder ist rund will zeigen, dass erst mit der richtigen Einstellung zum Sport auch der sozialistische Aufbau zu schaffen ist. Zur Realität: Wie schon in Kapitel 7. 1. 1 erwähnt, gestaltete sich der Aufbau der Betriebsportgruppen nicht so zügig, wie von der Regierung erwartet. Die SED betrachtet die Sportvereinigungen auf Produktionsbasis, als Hauptsäule der Volkssportbewegung, da sie sich von den Betriebsportvereinigungen die „Reproduktion der Arbeitskraft [sowie] die physische und psychische Leistungssteigerung“[535] der Werktätigen erhofft. Um den Aufbau des Betriebssports voranzutreiben, übernehmen seit 1952 die Gewerkschaften „die volle Verantwortung für die Organisierung und Entwicklung von Körperkultur und Sport in den volkseigenen und ihnen gleichgeschalteten Betrieben.“[536] Dazu bildet das Staatliche Komitee für Körperkultur und Sport in Zusammenarbeit mit dem FDGB so genannte Instrukteure für Körperkultur aus, deren Aufgabe eine „systematische Förderung jedes einzelnen Sportlers in seiner beruflichen Tätigkeit sowie in der Entwicklung seiner sportlichen Leistungen […]“[537] besteht. Hier zeigt sich schon die enge Verknüpfung zwischen Sport und Arbeit. Die Betriebssportgemeinschaften „stellen, obwohl noch in der Entwicklung begriffen, die Organisationsform der Zukunft dar und verdienen die weitestgehende Förderung und Beachtung seitens aller demokratischer Organisationen, […].“[538] Soweit die politischen Vorgaben und Zielsetzungen. Auch in …und das Leder ist rund ist es mit dem Aufbau der Betriebssportgruppe, insbesondere mit der Handballabteilung, nicht weit her: Binder versucht die nötigen Strukturen zu installieren, um den Aufbau voranzutreiben. Doch er stößt seitens der Mannschaft (Uhlig und Westphal) und seitens Vitaphosca-Werke (Rosenke) auf Wiederstand. Rosenke (Sport = Larifari) will keine außerordentlichen Trainingszeiten während der Arbeitszeit genehmigen, da das im weiteren Sinne die „Vermehrung der Tierbestände im Zeichen des Fünfjahrplans“[539] gefährden könnte. Mit Betriebsleiter Rosenke wird also das Bild eines VEB-Leiters gezeichnet, der sich der Bedeutung des Sports, die die SED ihm beimisst, nicht bewusst ist. Sport gehöre nicht in den Betrieb. Am „,allerwenigsten in die Arbeitszeit. Unser Plan sieht vor, den Schweinebestand zu erhöhen…Mehr Fett, mehr Fleisch ist die Parole. Und wir schaffen die Voraussetzungen dazu, wenn wir die Produktion erhöhen.’“[540] Binder vertritt die realen politischen Forderungen: „,Unser Sport ist Körperkultur, ist Ausdruck der Lebensfreude und Kraftquell zugleich. […] Wer der Gesellschaft etwas gibt, indem er zur Erholung und Entspannung der Werktätigen beiträgt, darf von der Gesellschaft auch etwas erwarten.’“[541]

Zunächst zeigen weder Uhlig noch Rosenke die richtige Einstellung zum Sport und demnach auch nicht zum Aufbau der sozialistischen Gesellschaft. Rosenke, passionierter Skatspieler, hat gar keine Ahnung vom Sport. Daher fällt die Überzeugungsarbeit, die Binder zu leisten hat, etwas globaler aus: Er muss ihm „nur“ begreiflich machen, dass Sport das Mitglied der Gesellschaft produktiver macht: Es gelingt letztlich durch eindringliche Überzeugungskunst[542]. Den Ausschlag gibt abermals eine Aussage Binders: „Die Früggenauer haben nachgewiesen, daß der Krankenbestand bei regelmäßiger sportlicher Betätigung ihrer Kollegen wesentlich niedriger…[geworden ist].“ Für den an die Produktionsleistung denkenden Rosenke ist es das ausschlaggebende Argument. Er genehmigt diverse Forderungen[543] Binders. Und: „Der Betriebsleiter Karl Rosenke konnte sich nicht entsinnen, wann er sich das letztemal so wohl gefühlt hat.“[544]

Die Hypothese zum persönlichen Überzeugungssystem von Walter Basan muss etwas schmaler ausfallen, da sich über ihn nur wenig Informationen finden lassen. Basan (geb. 1920), der in der Nähe Magdeburgs aufgewachsen ist, macht sich in der DDR als „Roman-, Jugendbuch-, auch Bühnenautor [und als] Verfasser populärwissenschaftlicher Bücher“[545] einen Namen. Dass er in dem Lexikon „Schriftsteller der DDR“ mit einem nicht sehr aufschlussreichen Artikel erwähnt wird, ist also der einzige Hinweis, den ich auf den Autor finden kann. Daher stützt sich meine etwas wackelige These auf die Ausführungen im Vorwort: „Das Lexikon ist der Literatur der Deutschen Demokratischen Republik gewidmet. Es erscheint aus Anlaß des 25jährigen Bestehen des ersten deutschen sozialistischen Staates.“[546] Im Vorwort wird die Entwicklung der DDR-Literatur gelobt, da sie sich „nicht in der Kritik des Imperialismus und der von ihm produzierten inhumanen Lebensbedingungen, der Entfremdung des Menschen [erschöpft], sondern […] zum Aufbau einer gesellschaftlichen Ordnung des realen Humanismus“[547] beiträgt.

Das bringt mich zu der Überlegung, dass in dieses Lexikon ausschließlich Autoren aufgenommen wurden, „deren Arbeit von Bedeutung für die produktive Aneignung des kulturellen Erbes“[548] ist, die — einfacher ausgedrückt — ihre Aufgabe als „Ingenieure der Seele“ staatsgefällig interpretiert haben. In jenem Werk ist also auch Basan vertreten. Wolfgang Emmerich pauschaliert in seiner kleinen „Literaturgeschichte der DDR“ zudem, dass die Autoren gerade in den Anfängen der DDR den Erziehungsauftrag freiwillig und aus tiefster Überzeugung verinnerlicht hatten: „Die Sehnsucht, nach dem zerstörten Sinnkonstrukt Nationalismus einer neuen, scheinbar unbefleckten Glücksverheißung zu folgen, erstickte alle möglichen kritischen Vorbehalte im Keim.“[549] Meine Hypothese zum Überzeugungssystem des Autors lautet daher: Basan lehnt den Nationalsozialismus ab und hilft freiwillig beim Aufbau des Sozialismus mit: Da ist erstens das schon erwähnte Motiv des Neuanfangs, durch das die DDR alles Faschistische ablegen will. Der unter dem NS-Regime aufgewachsene Harry Fabian wollte ja, dass die Zukunft „heller wurde, als das, was hinter ihm lag.“[550] Die bisherige Aufbauarbeit der älteren Kollegen wird ebenfalls von Harry gewürdigt: „Man tat den alten Kumpeln wirklich unrecht, wenn man nicht all das anerkannte, was sie bisher geleistet hatten […].“[551] Auch die durchweg positive Beschreibung der Funktionäre Binder und Fabian kann hier als Bestätigung der Hypothese betrachtet werden und belegt den sozialistischen Realismus. Der 1934 unter Beteiligung von Maxim Gorki und Andrej Schdanov (maßgeblicher Kulturfunktionär der KPdSU) definierte Literaturbegriff, hatte auch für die entstandene DDR seine Gültigkeit: Die „Grundidee des sich z.T. an den Realismus des 19. Jh. anlehnenden s. R. war es, die gesellschaftl. Realität >volksnah< so darzustellen, daß ein positives Wirken des Sozialismus als Prinzip der neuen Wirklichkeit und als Zukunftsperspektive hervortritt; […].“[552]

Eine wichtige Forderung dabei war, dass die künstlerische „Darstellung […] mit den Auf­gaben der ideologischen Umgestaltung und Erziehung der Werktätigen im Geiste des Sozialismus verbunden werden«“[553] muss. Ziel also war es, die politisch-ideologische Komponente des Sozialismus mit der äs­the­­­tischen des Realismus zu ver­knüpfen. Als verbindlich galten bis 1956 die Theorien des ungarischen Literaturhistorikers und Philosophen Georg Lukács. Lukács’ Theorien passten auch deshalb ins Konzept, da sie

„sich […] bruchlos in die politische Parole von der Vereinigung aller >antifaschistischen Kräfte< zum Aufbau einer neuen Gesellschaft ein [fügten], und zudem kam[en] sie der Kulturpolitik des zuständigen Ministers Johannes R. Becher entgegen, der die Pflege des >kulturellen Erbes< zur wichtigsten Aufgabe erhob“[554].

Und nicht zuletzt war die erste Formalismus-Kampagne schon 1951 verabschiedet worden. „Die Beschneidung der Meinungs- und Publikationsfreiheit begann spätestens mit dem Jahr 1948 und hatte [ihren] ersten Höhepunkte in der Formalismuskampagne 1951/52 […].“[555] Dadurch wird deutlich, dass eine freie Meinungsäußerung, obwohl diese selbstverständlich in der Verfassung der DDR verankert war, kaum möglich gewesen wäre — selbst wenn Basan gewollt hätte.

Abschließend kann man sagen, dass Basan zu lebendes Leben darstellt: …und das Leder ist rund darf als Anleitung zum sozialistischen Leben betrachtet werden. Der Sport wird hier parabelartig eingesetzt. Gerade für den Protagonisten Uhlig trifft das zu. Indem er sieht, dass seine Farben ohne ihren besten Einzelspieler, also ohne sich selbst, mit Früggenau die „derzeit spielstärkste Elf der Staffel“[556] schlagen können, ist er für das Kollektiv bereit. Das Kollektiv, das im Sozialismus die zentrale Rolle einnimmt, hat sie eben auch im Roman inne.



[zurück zum Inhaltsverzeichnis]

Fußnoten

[458] Basan, Walter: …und das Leder ist rund, S. 64.

[459] Die DS-Liga ist Anfang der 50er Jahre die höchste Spielklasse der DDR. Ihr Name ergibt sich wohl durch den Dachverband des DDR-Sports „Deutscher Sportausschuss“. Zuvor hieß sie Zonenliga, Mitte der 50er Jahre wurde sie dann in DDR-Oberliga umgetauft.

[460] Basan, Walter (1953): …und das Leder ist rund, S.167.

[461] Ebd., S. 15ff.

[462] Die anstehende Berufung in die Landesauswahl macht Uhlig übrigens deshalb nicht zum Aufsteiger, da der Handlungsstrang im Buch nicht weiter verfolgt wird. Die Nominierung freut ihn, doch ist er zuvor schon als oberligatauglich beschrieben worden. (vgl. S. 15).  

[463] Basan, Walter: …und das Leder ist rund, S. 102.

[464] Binder ist als Aufsteiger einzustufen. Zunächst ist er im Roman der Betreuer des Teams, später wird er Trainer und man vermutet, dass „er hauptberuflicher Sportfunktionär für den Betrieb“ (Ebd., S. 54) werden will.

[465] Freier Deutscher Gewerkschaftsbund.

[466] Basan, Walter: …und das Leder ist rund, S. 54.

[467] Ebd., S. 17.

[468] Ebd., S. 16.

[469] Ebd., S. 14 (Anmerkung: „breiteste Schultern“ darf hier ruhig als Charakterzug verstanden werden).

[470] Ebd.

[471] Ebd.

[472] Ebd., S. 63.

[473] Ebd., S. 62f.

[474] Ebd., S. 99.

[475] Ebd., S. 67.

[476] Ebd., S. 65.

[477] Ebd.

[478] Ebd., S. 70.

[479] Ebd., S. 133.

[480] Ebd., S. 67.

[481] Der Betreuer Georg Binder verfolgt mit dieser Geste zwei Ziele: Erstens ist er sich sicher, dass man damit den KSA bezüglich der bevorstehenden Verhandlung über Uhligs Sperre milde stimmen kann, zweitens trage man als Sportler eben eine gewisse Verantwortung.

[482] Basan, Walter: …und das Leder ist rund, S. 68.   

[483] Ebd.

[484] Ebd., S. 90.

[485] Die Anhänger Uhligs, die sich mittlerweile nur noch auf Westphal und Oskar Ziebe beschränken, fehlen selbstverständlich.

[486] Basan, Walter: …und das Leder ist rund,  S. 105. 

[487] Ebd., S. 206.

[488] Ebd., S. 127.

[489] Ebd.

[490] Die angreifende Mannschaft im Handball spielt so genannte Wechsel oder Wechselvarianten, bei denen mehrere Spieler in einen Angriff eingebunden werden. Es gibt z. B. verschiedene Variationen des Dreierwechsels, bei denen das Ziel ist, durch schnelle Pässe und sich ändernde Laufwege die gegnerische Abwehr zu verunsichern. Die ersten beiden Spieler stoßen dabei nach ihren Pässen in die Deckung des Gegners, um für den dritten Spieler eine Lücke freizusperren (Sperren ohne Ball ist im Handball regelkonform). Solche Wechsel machen das Angriffsspiel gefährlich, weil für die abwehrende Mannschaft nicht klar ist, welcher Spieler den Angriff abschließen wird.

[491] Basan, Walter: …und das Leder ist rund, S. 122.

[492] Ebd., S. 159.

[493] Ebd., S. 192f.

[494] Ebd.

[495] Ebd., S. 193.

[496] Ebd., S. 234.

[497] Ebd., S. 227.

[498] Ebd., S. 234.

[499] Ebd., S. 244.

[500] Emmerich, Wolfgang: Kleine Literaturgeschichte der DDR, Gustav Kiepenheuer Verlag GmbH, Leipzig, 1996, S. 30.

[501] Vgl. ebd., S. 46.

[502] Vgl. Rüther, Günther: Literatur in der Diktatur, Verlag Ferdinand Schöningh GmbH; Paderborn, München, Wien, Zürich 1997, S. 251

[503] Basan, Walter (1953): …und das Leder ist rund, S. 43.

[504] Ebd.

[505] Emmerich, Wolfgang (1996): Kleine Literaturgeschichte der DDR, S. 30.

[506] Luchterlandt, O.: zit. n.: Schichtel, Alexandra: Zwischen Zwang und Freiwilligkeit: Das Phänomen der Anpassung in der Prosaliteratur der DDR, Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen/Wiesbaden 1998, S. 33. 

[507] Ebd., S. 32.

[508] Insgesamt fällt dabei aber eine Tendenz auf: Die Charaktere, die auf Uhligs Seite stehen, werden als intrigant dargestellt. Otto Westphal, auch ein sehr körperbetont spielender Handballer, mäkelt in Uhligs Beisein immer an Binder herum, will aber eigentlich Uhligs ehemalige Rolle in der Mannschaft übernehmen. Oskar Ziebe wird zum emotionalen Erpresser, und will sich dann sein besseres Wissen noch pekuniär versüßen, indem er, was moralisch verwerflich ist, gegen die eigenen Farben wettet. Binders Anhänger haben zumeist klar sozialistisch geprägte Züge.

[509] Basan, Walter (1953): …und das Leder ist rund, S. 203.

[510] Ebd., S. 204.

[511] Hier zeigt sich übrigens ein Problem, das sich praktisch durch das ganze Buch zieht und die Belege durch die Text-Tatsachen etwas holperig macht. Charakterliche Eigenschaften oder Verhaltensweisen werden meist von einer weiteren Person im Roman beobachtet.

[512] Basan, Walter (1953): …und das Leder ist rund, S. 204.

[513] Ebd., S. 195.

[514] Ebd., S. 208.

[515] Ebd., S. 50.

[516] Ebd., S. 128.

[517] Ebd.

[518] Ebd., S. 20.

[519] Ebd.

[520] Ebd., S. 68.

[521] Ebd., S. 168.

[522] Ebd.

[523] Ebd., S. 233.

[524] Ebd.

[525] Vgl. ebd., S. 256.

[526] Hier tat sich die BRD besonders hervor, die die SED und ihre Parteigenossen gern mit Nazi-Vergleichen titulierte: SED-Regime, KZ-Zaun für Berliner Mauer, Ulbricht sei der deutsche Stalin und KZ-Chef der Zone. In der DDR nutzte man ein Vokabular, was vor allem die Gefahr, die vom Westen ausging, betonte. In dem Zusammenhang wird beispielsweise die Berliner Mauer als antifaschistischer Schutzwall oder auch als Friedensbollwerk bezeichnet. (vgl. Hahn, Silke: Vom zerrissenen Deutschland zur vereinigten Republik; in: Stötzel, Georg/Wengeler, Martin: Kontroverse Begriffe, Walter de Gruyter, Berlin, New York, 1995, S. 300/301). 

[527] Basan, Walter (1953): …und das Leder ist rund, S. 19.

[528] Bernett, Hajo (Hg./1994): Körperkultur und Sport in der DDR. Dokumentation eines geschlossenen Systems, S. 34.

[529] Holzweißig, Gunter (1988): Sport und Politik in der DDR, S. 18.

[530] Basan, Walter (1953): …und das Leder ist rund, S. 179.

[531] Ebd., S. 46.

[532] Ebd., S. 45.

[533] Anweisung Nr. 5 des Staatlichen Komitees über die Bildung von Schwerpunkten zur Hebung des Leistungsniveaus (1952). Zit. n.: Bernett, Hajo (Hg.(1994): Körperkultur und Sport in der DDR. Dokumentation eines geschlossenen Systems, S. 82.

[534] Basan, Walter (1953): …und das Leder ist rund, S. 62.

[535] Ehrich, Dieter: Breitensport der DDR; in: Riemer, Rudolf (Hg.): Kopernikus Verlag München, 1981, S. 11.

[536] Bernett, Hajo (Hg./1994): Körperkultur und Sport in der DDR. Dokumentation eines geschlossenen Systems, S. 82.

[537] Ebd., S. 85.

[538] Ebd.

[539] Basan, Walter (1953): …und das Leder ist rund, S. 59.

[540] Ebd., S. 132.

[541] Ebd., S. 133f.

[542] Als Rosenke seinen Buchhalter Jungclaus beim Handball sieht, meint er: „,Der täte auch besser, seine Nerven in der Freizeit zu schonen!’ “ (Ebd., S. 124). „Natürlich schont er seine Nerven…er kräftigt sie sogar…“, wird Rosenke entgegnet. (vgl. ebd., S. 125).

[543] Rosenke bewilligt Binder die Ausarbeitung eines Betriebssportplans und eine Werbekampagne für das Sportleistungsabzeichen. (vgl. S. 224).  

[544] Ebd., S. 224f.

[545] Albrecht, Günter/Böttcher, Kurt/Greiner-Mai, Herbert, Krohn, Paul Günter: Schriftsteller der DDR, VEB Bibliographisches Institut, Leipzig, 1975, S. 28.

[546] Ebd., Vorwort.

[547] Ebd.

[548] Ebd.

[549] Emmerich, Wolfgang (1996): Kleine Literaturgeschichte der DDR, S. 39/49.

[550] Basan, Walter (1953): …und das Leder ist rund, S. 43.

[551] Ebd., S. 44.

[552] dtv-Lexikon; Band 17; S. 114.

[553] Harenbergs Lexikon der Weltliteratur (1995), Band 4; S. 2294, S. 2711.

[554] Bernhard Spies; in: Arnold, Heinz Ludwig: Literatur in der DDR, © edition text + kritik GmbH, München 1991, S. 34.

[555] Emmerich, Wolfgang (1996): Kleine Literaturgeschichte der DDR, S. 55.

[556] Basan, Walter (1953): …und das Leder ist rund, S. 178.



[zurück zum Inhaltsverzeichnis]