[Inhaltsverzeichnis Band 1]

Sabine Brächter

Messianismus – Grundstrukturen einer Geisteshaltung, exemplifiziert anhand des Marxismus und des polnischen Messianismus

1. Einleitung

Immer wieder im Verlauf der mehrtausendjährigen Menschheitsgeschichte haben Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen in ausweglos scheinenden Krisensituationen, angesichts großer historischer Katastrophen dem als unerträglich empfundenen realen Zustand ihres Lebensumfeldes die Vision einer idealen Welt entgegengestellt, deren Verwirklichung es unter Einsatz aller verfügbaren Kräfte anzustreben gilt. Derartige, auf eine heile Welt gerichtete Vorstellungen finden sich in verschiedenen Ausprägungen. Mal wird die Abwendung diesseitigen äußerlichen Übels und als Kehrseite davon die Zuwendung diesseitiger äußerlicher Vorteile erhofft, mal richtet sich der Blick der in Bedrängnis lebenden Menschen auf eine jenseitige Welt voller paradiesischer Zustände. Doch nicht nur hinsichtlich des Sehnsuchtsraumes, der als dem tagtäglich erlebten Unbill diametral entgegengesetzt imaginiert wird, variieren die Heilserwartungen, es zeigen sich auch Unterschiede in bezug auf den zu seiner Erreichung zu beschreitenden Weg und die Akteure. Mal ist es der religiöse Glaube an eine individuelle Erlösergestalt, mal ist es die eher politisch geprägte Hoffnung auf einen gemeinschaftlichen Erlöser, eine Gruppe von Menschen, von der sich die Menschen Rettung versprechen.

Die vorliegende Arbeit möchte versuchen, sich dem skizzierten Phänomen messianischer Heilserwartungen aus philosophischer Sicht zu nähern. In einem ersten Schritt sollen die Grundstrukturen messianischen Denkens ganz allgemein untersucht, mögliche Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Ausprägungen der in Rede stehenden Geisteshaltung aufgespürt werden.

Ausgehend von den allgemeinen Überlegungen des ersten Teils dieser Arbeit sollen in einem zweiten Schritt zwei im 19. Jahrhundert auftretende Erscheinungsformen messianischen Denkens näher erörtert und im Hinblick auf die im ersten Kapitel gewonnenen Ergebnisse überprüft werden. Im Zentrum der Untersuchung wird zunächst der Marxismus stehen, der auf seinen „messianischen Gehalt“ hin analysiert werden soll. Inwieweit lassen sich an der von Karl Marx begründeten Ideologie Merkmale aufweisen, die als Ingredienzien messianischer Strömungen charakterisiert worden sind?

Daran anschließend richtet sich der Blick auf eine Spielart messianischen Denkens, die sich im 19. Jahrhundert im Zuge der Romantik in unserem Nachbarland Polen herausgebildet hat: auf den polnischen Messianismus. Auch anhand dieser philosophischen Strömung soll die Tragfähigkeit der im ersten Kapitel gewonnenen Resultate überprüft werden.

Den Abschluß der vorliegenden Arbeit bildet schließlich ein kurzer Schlußteil, der die gewonnenen Erkenntnisse noch einmal bündeln wird.

 

2. Messianismus – Grundstrukturen einer Geisteshaltung, exemplifiziert anhand des Marxismus und des polnischen Messianismus

Grundstrukturen messianischen Denkens

Wenn wir, wie es in diesem Kapitel unsere Absicht ist, versuchen wollen, die Grundmuster messianischer Denkweisen zu entschlüsseln, so sehen wir uns zunächst mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Erscheinungen konfrontiert. Messianische Erwartungen prägen das Judentum und das Christentum, und sie lassen sich während des Mittelalters in mancherlei Gestalt nachweisen, so etwa in der „Drei-Reiche-Lehre“ des Joachim von Floris. Darüber hinaus treten sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, nach der Zäsur der Französischen Revolution, im Ideengut verschiedener Denker zutage, so etwa bei dem Sozialisten Henri Claude de Saint-Simon, bei de Maistre, bei Michelet oder bei Mazzini.[1] Messianische Ideen bleiben jedoch keineswegs auf den europäischen Kontinent beschränkt, vielmehr finden sie Verbreitung in religiösen Freiheits- und Heilsbewegungen, die als Reaktion auf kolonisierende Bestrebungen in Afrika und Amerika, in Asien und in der Südsee entstanden sind. In diesem Zusammenhang lassen sich so unterschiedliche prophetische, messianische und chiliastische Bewegungen nennen wie der Matsua-Kult im Kongo, der melanesiche Cargo-Kult oder der amerikanische Peyotismus.[2]

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit stellt sich nun die Frage, ob sich unter all den erwähnten höchst unterschiedlichen Heilserwartungen, die Menschen durch die Jahrhunderte und auf allen Kontinenten gehegt haben und noch hegen, gewisse Gemeinsamkeiten aufspüren lassen, die sich quasi wie ein roter Faden durch sämtliche Phänomene messianischer Überzeugungen ziehen.

Ausgangspunkt unserer Überlegungen soll das Lebensumfeld sein, in das sich die Menschen zum Zeitpunkt des Aufkeimens messianischer Erwartungen geworfen sehen. Unter welchen Bedingungen gestaltet sich ihr Alltag, mit was für Lebensumständen sind sie konfrontiert?

Im Judentum mit seiner reichhaltigen messianisch-eschatologischen Tradition lassen sich über die Jahrhunderte unterschiedliche Messias-Vorstellungen aufzeigen.[3] Typologisch kann man unter anderem zwischen einem futuristischen und einem apokalyptischen Messianismus differenzieren. Der erstgenannte Typus hat historisch die Zerstörung des davidischen Großreiches zur Voraussetzung. Die Gegenwart ist geprägt von Ungerechtigkeit, Götzendienst und Gewalt der Herrschenden. All diese gravierenden Mißstände sollen in der Zukunft überwunden werden durch das Kommen des Messias, der die Wiederherstellung von Recht und Gerechtigkeit, Gottesfurcht und Frieden verheißt. Die Erlösung wird bei dieser Variante des Messiasglaubens also als innerweltliches, innergeschichtliches Geschehen betrachtet. Demgegenüber bringt der apokalyptische Messias nicht Erlösung in dieser Welt, sondern Erlösung von dieser Welt. Die Zustände in der Welt sind so katastrophal, daß nur eine Umwälzung durch Neuschöpfung sie zu überwinden vermag. Damit ist der apokalyptische Messias folglich kein innergeschichtlicher Messias mehr, der die Dinge innerhalb der Welt zum Besseren wendet, sondern er erscheint als Gründer einer neuen Welt am Ende einer Abfolge von Reichen des Schreckens und des Terrors, von Kriegen und Katastrophen.[4] Gemeinsam ist beiden Spielarten des jüdischen Messianismus jedoch, daß der Ausgangspunkt jedweder Messiaserwartung der desolate Zustand der eigenen Gegenwart ist. Ob die Menschen sich im babylonischen Exil befinden, ihrer staatlichen Struktur und ihrer kulturellen Identität beraubt, oder aber auf ihrem eigenen Territorium, jedoch bedroht vom römischen Imperium, wie im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, zu Zeiten der Zerstörung des Tempels – immer werden die jeweiligen Schicksalsschläge, das unmittelbar von den Menschen erlebte Leid als „messianisches Wehen“ interpretiert, als deutliches Zeichen für das baldige Kommen des Messias, sei es nun in der Zeit oder nach der Zeit. Dagegen traten die messianischen Vorstellungen in Zeiten, während derer sich die Juden erträglicher Lebensumstände erfreuen konnten, deutlich zurück, gewannen aber angesichts neuer Verfolgungen sofort wieder an Virulenz. So führte etwa die Vertreibung der Juden aus Spanien im Jahre 1492 zu einer erneuten Aktivierung messianischer Traditionen.[5]

Der gerade gewonnene Befund, daß sich messianisches Hoffen in einer Epoche der Krise entzündet, im Angesicht katastrophaler Lebensbedingungen, wird gestützt, wenn wir einen Blick auf die erwähnten religiösen Freiheits- und Heilsbewegungen in der „neuen Welt“ werfen. Der Urgrund ihres Entstehens ist jeweils geprägt vom Erleben einer bitteren und unheilvollen Gegenwart.[6] Sowohl der im Kongo beheimatete Matsua-Kult als auch der melanesische Cargo-Kult sowie der Peyotismus nahmen ihren Ausgang in Zeiten kolonialer Unterdrückung und Bevormundung. Als André Matsua, der Begründer des gleichnamigen Kultes, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Kongo in Erscheinung trat, gehörte seine Heimat zum französischen Kolonialgebiet und litt unter den bekannten negativen Auswirkungen der Kolonisation, denen er durch politische Betätigung, im Widerstand gegen die Weißen, entgegenzuwirken suchte. Mehrere Gefängnisaufenthalte und schließlich sein Tod im Jahre 1942 machten ihn zu einem Märtyrer, mehr noch: zu einer messianischen Gestalt, deren Wiederkehr von der Bevölkerung sehnsüchtig erwartet wurde.[7]

Ähnliche äußere Bedingungen – politische Abhängigkeit, ökonomische Ausbeutung, kulturelle Unterdrückung – lassen sich auch beim Entstehen der Cargo-Kulte in Melanesien nachweisen. Die im 19. Jahrhundert in Konfrontation mit den Auswüchsen westlicher Zivilisation entstandenen religiösen Bewegungen, auf deren spezifische Ausgestaltung näher einzugehen den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde, erhielten ihren Namen in Anlehnung an die europäischen Frachtschiffe, die an den Küsten Neu-Guineas anlegten, und aus deren Innern die verschiedensten, den indigenen Inselbewohnern unbekannten europäischen Waren geladen wurden.[8] Auf jenes Frachtgut, das nach ihrer Deutung von den Ahnen gesandt und widerrechtlich von den weißen Eroberern einbehalten wurde, richtete sich fortan die Sehnsucht der Einwohner.

Der nordamerikanische Peyote-Kult, der seinen Namen von der Peyote-Pflanze, einer Kakteenart, ableitet, die in zeremonieller Form gemeinsam genossen wird, findet sich in gewissen Umfang mit den gegebenen Umständen, der Gegenwart der Weißen, ab.[9] Im Unterschied zu anderen religiösen Bewegungen der nordamerikanischen Indianer erwarten die Anhänger des Peyote-Kultes nicht mehr die Rückkehr zu einem vorkolonialen und vormissionarischen Zustand, vielmehr versuchen sie, ausgehend von der neuen Lebenswirklichkeit, sich kulturell von der Welt der Weißen zu emanzipieren. Die Religion des Peyotismus verwirklicht für die indigenen Völker Nordamerikas das Reich Gottes auf Erden: Wenn alle Indianer Peyote gegessen haben, wird alles nach Gottes Willen geschehen.[10] An diesem kurzen Zitat wird deutlich, daß das „Reich Gottes“ und „Gottes Willen“ in der Weise ausgelegt werden, daß es der Ritus des Peyotismus ist, der zum Heil führt, und daß es ein Weg ist, der letztlich den indigenen Gemeinschaften vorbehalten bleibt. Insofern steht er dem Heilsweg der Weißen, den abendländischen Kirchen, autonom gegenüber. Der Peyotismus strebt also danach, die Kontinuität der traditionellen Kultur zu stärken und sich dem von den Europäern ausgeübten Zwang zu widersetzen, die indigene Kultur bzw. Religion zugunsten der offiziellen aufzugeben.

Als erster gemeinsamer Nenner messianischer Heilserwartungen läßt sich somit eine signifikante Krisensituation diagnostizieren, sei sie nun kriegerischer, politischer, wirtschaftlicher oder auch kultureller Natur (so etwa bei Peyotismus, der sich gegen die Dominanz der vorherrschenden weißen Kultur wendet), der sich die Menschen im Zeitpunkt des Aufkeimens messianischer Hoffnungen gegenüber sehen.

Nachdem sich nun dieser Quellgrund messianischen Denkens herauskristallisiert hat, stellt sich die Frage, worauf sich die Hoffnungen, Wünsche und Träume der in der tristen bis tragischen Gegenwart gefangenen Menschen richten, wie der Zustand des Heils beschaffen sein soll, den sie so sehnsüchtig erwarten. Gemeinhin beziehen sich menschliche Heilsvorstellungen jenseits aller kultureller Vielfalt aufgrund anthropologischer Konstanten zunächst auf solch basale Bedürfnisse wie die Abwesenheit von Hunger, Krankheit und Tod im biologisch-vitalen Bereich, sowie auf die Überwindung von Krieg und Unfreiheit im sozialen Umfeld.[11] So unterschiedlich die Erwartungen an ein „gutes Leben“ im einzelnen auch sein mögen – die Entlastung vom Druck der Realität, die Freiheit von Leid, Mühsal, Hunger und Unterdrückung sind allgemein-menschliche Wünsche.

Doch bei der zeitlichen Verortung des ersehnten Heilszustands scheiden sich die Vorstellungen, wobei sich zwei Grundfiguren benennen lassen: zum einen die Erwartung des Heils innerhalb der diesseitigen erlebbaren Welt, zum anderen die jenseitig-futurische Vorstellung, nach der der erstrebte Heilszustand erst im kommenden neuen Äon, in einer jenseitigen Welt, erreicht werden kann.[12]

Im Bereich der religiös-messianischen Denkmuster lassen sich beide Vorstellungen aufweisen. So findet sich etwa im Judentum – wie bereits erwähnt – zum einen die Prophezeiung der Erlösung von allem Übel in dieser Welt durch einen irdischen Messias-König; zwar in einer nicht näher definierten Zukunft, jedoch innergeschichtlich und innerzeitlich, am Ende einer linearen Zeitachse.[13] Zum anderen existiert die apokalyptisch-eschatologische Vorstellung eines Messias, dessen Kommen einen Bruch der Zeitachse markiert, der einen quasi revolutionären zeitlichen Neuanfang möglich macht. „Denn siehe, ich erschaffe neue Himmel und eine neue Erde, und nicht soll gedacht werden des Früheren.“[14] Auch in der christlichen Gedankenwelt begegnet man ähnlichen apokalyptischen Motiven, so etwa in der Johannes-Apokalypse des Neuen Testaments (vgl. Off 21, 1-8).

Demgegenüber orten die Vertreter politisch-messianischer Auffassungen das Heil ausschließlich innerhalb der diesseitigen Welt, als ein zwar noch in der Zukunft liegendes, aber durch gemeinsames, entschlossenes Handeln zu erlangendes Gut. Dem Menschen selbst und nicht irgendeiner Gottheit obliegt es, durch sein im weitesten Verständnis politisches Handeln die Welt seinen wirklichen Zwecken gemäß einzurichten, auf daß schließlich das universale Glück der Menschheit historische Wirklichkeit werde. Heil, Errettung und Erlösung sind damit, eingebunden in den diesseitsgerichteten Fortschrittsgedanken, dem menschlichen Handeln überantwortet, sie lassen sich in Zeit und Geschichte durch vernunftgeleitete Aktivitäten des Menschen realisieren.[15] Beseelt von der Vision einer gerechten, harmonischen Gesellschaft, von der Erwartung allgemeiner Erneuerung in ihrem ganz konkreten Lebensumfeld, zeigten sich die Menschen insbesondere im 19. Jahrhundert.

„Weder vorher noch nachher hat eine Epoche eine derart üppige Blüte utopischer Pläne erlebt, die für das Problem des sozialen Übels eine in sich geschlossene, vollständige und endgültige Lösung bieten wollten. Niemals sind kühnere Versuche unternommen worden, um zu beweisen, daß die Geschichte einem logischen Plan folgt und einem endgültigen Ziel zustrebt. Selten ist mit größerer Ausdauer versucht worden, historische Zwangsläufigkeit und menschliche Freiheit miteinander in Einklang zu bringen und die Forderung nach revolutionärer Neuerung auf deterministische Entwicklungsgesetze zu gründen.“[16]

Damit ist ein weiterer Aspekt messianischen Denkens benannt: Die unbedingte Überzeugung von der Zielgerichtetheit der Geschichte, der tiefe Glaube daran, daß die Abfolge der Zeiten mit innerer Sinnhaftigkeit verläuft und unweigerlich mit dem Triumph des „wahrhaft Guten“ enden wird, wie auch immer dieses „letzte Gut“ im Konkreten ausgestaltet sein mag. In religiösen Vorstellungen verhaftete Menschen gehen von einem göttlichen Plan aus, nach dem alles Geschehen im Universum und insbesondere in der Menschheitsgeschichte vorherbestimmt ist, so daß es als vorsehungshaft geleiteter Prozeß erscheint, der auf ein von der übermenschlichen Macht festgesetztes Heilsziel hingeordnet ist. Eine solche Auffassung von der Weltgeschichte als Heilsgeschehen bildet etwa die Grundlage der jüdisch-christlichen Geschichtstheologie.[17]

Den Vorstellungen politisch-messianischen Überzeugungen zuneigender Menschen gemäß folgt die Geschichte ebenfalls einem mit Zwangsläufigkeit ablaufenden Plan, der jedoch von keiner höheren Macht in Gang gesetzt und gesteuert wird; vielmehr sind dessen Wirkursachen in der Geschichte selbst zu finden, während der Übergang von einer geschichtlichen Phase zur nächsten dann verwirklicht wird, wenn das neue, siegreiche Daseinsprinzip die Herrschaft über alle Lebenssphären gewinnt und sie durchdringt. Für einen erfolgreichen Übergang bedarf es dabei des aktiven Engagements der Menschen, insbesondere derjenigen, denen das Wirken der Geschichte und die Notwendigkeit ihres Fortschritts am lebhaftesten bewußt ist.[18]

Die Idee von der Weltgeschichte als einem entweder religiösen oder säkularen Heilsgeschehen, das mit vorsehungshafter historischer Notwendigkeit einem endgültigen Ziel zustrebt, ist mithin als ein charakteristischer Zug messianischer Gedankengebäude festzuhalten.[19]

Ein weiteres nicht zu vernachlässigendes Element messianischen Denkens tritt in diesem Zusammenhang zutage: die Überzeugung davon, daß der Mensch im Prinzip gut ist oder wenigstens irgendwann einmal gut war, so etwa – im religiösen Kontext – in der Zeit vor dem Sündenfall. Politisch-messianische Bekenntnisse bauen recht dezidiert auf dem Fundament auf, daß der Mensch im Grunde gut sei.[20] Manche Vertreter jener Bekenntnisse setzen ihre ganze Hoffnung auf verbesserte Methoden der Herstellung und Verteilung, andere auf psychologische und technische Kunstgriffe oder auf die Erziehung. In jedem Fall jedoch können ihre Heilslehren, ihre Rezepte für eine bessere Welt nur unter der Bedingung wirksam werden, daß sich der Mensch innerhalb günstiger Rahmenbedingungen, unter den richtigen Umständen als sozial und kooperativ erweist und nicht als unlenksam und nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Die beobachtbaren Mißstände im Verhalten so vieler Menschen sind also bedingt durch die ungünstigen Umstände; hat sich die Menschheit erst einmal gemäß dem geschichtlichen Plan auf eine „höhere Stufe“ emporgeschwungen, so werden die Menschen eine Läuterung erfahren, ihre nur verschütteten positiven Eigenschaften werden um so strahlender zutage treten. Ist die Geschichte dereinst an ihr endgültiges Ziel gelangt, wird sich der Kreis schließen, wird der Mensch anknüpfen können an sein eigentliches, gutes Wesen, von dem er nach dem Fall aus dem Urzustand entfremdet war.

Als Quintessenz unserer Überlegungen hinsichtlich der Frage, wie der ersehnte Zustand des Heils beschaffen sein soll, welche Übereinstimmungen es diesbezüglich bei aller Vielfalt messianischer Erwartungen gibt, läßt sich festhalten, daß sich der allgemein-menschliche Wunsch nach Entlastung vom Druck der Realität, die Sehnsucht nach einem Freisein von Hunger und Mühsal, Krieg und Unterdrückung schließlich überhöht durch den Entwurf eines Gegenbildes zu all der erlebten und erlittenen Beschränktheit und Unvollkommenheit des eigenen Daseins.[21] Das „neue Reich“ ist ein vollkommenes, ein Hort der absoluten Glückseligkeit und der Gerechtigkeit für alle, die an ihm teilhaben, unabhängig davon, ob es innerhalb der Zeit angesiedelt ist oder erst im kommenden neuen Äon erwartet wird.

Nachdem wir nun sowohl die desolate, krisenhafte Ausgangssituation der in messianischen Denkmustern verhafteten Menschen als auch die ersehnte Welt des Heils näher beleuchtet haben, wollen wir uns im folgenden der Gestalt des Erlösers zuwenden, derjenigen Person also, deren Auftreten und Wirken das „neue Reich“ heraufziehen lassen soll. Was für Attribute werden ihr zugeschrieben, wie läßt sie sich charakterisieren? Gemeinsames Kennzeichen des Heilsbringers ist wohl der Umstand, daß er mit „höheren Weihen“ ausgestattet zu sein scheint. Sei es, daß er – wie etwa der im Judentum erwartete Messias – als Werkzeug Gottes imaginiert wird, oder aber – in der Vorstellungswelt politisch-messianischer Strömungen – als Werkzeug der Vorsehung, der Geschichte selbst. Immer erscheint der Heilsbringer als eine Gestalt, die weit über sich hinausweist, die ihre Autorität von außerhalb ihrer selbst bezieht. Dem so sehnsüchtig erwarteten Erlöser haftet das Moment des Auserwähltseins an, das er bei seinem Auftreten oder Aktivwerden auf seine Anhänger übertragen wird.

Im einzelnen finden sich recht unterschiedlich ausgeprägte Vorstellungen in bezug auf den ersehnten Heilsbringer. Der „Drei-Reiche-Lehre“ des Joachim von Floris gemäß folgt auf das alttestamentarische Reich des Vaters und das mit der Erlösung durch Christus beginnende Reich des Sohnes das dritte Reich des Heiligen Geistes, welches durch den geistigen Führer der neuen Zeit, den kommenden Dux, heraufgeführt werden soll.[22] Während sich der Betrachter in der Geschichtsspekulation des Joachim von Floris einer rein spirituellen, nicht politischen Erlösergestalt gegenübersieht[23], begegnet ihm etwa in den nationalen Messianismen des 19. Jahrhunderts der Entwurf einer politisch wirkenden Heilsfigur, die konkrete, handfeste Verbesserungen für die jeweils auserwählte Nation bzw. für die gesamte Menschheit anstrebt. Auch ist es, wie wir im Fall des polnischen Messianismus noch sehen werden, im Umfeld des politischen Messianismus oftmals keine Einzelperson, von der Erlösung erhofft wird, sondern eine Gruppe von Menschen, ein Volk. Im polnischen Messianismus etwa existiert sowohl der Gedanke, daß die heilbringende Mission einem Individuum obliegt, das freilich Mitglied der ausgezeichneten Nation – im vorliegenden Fall also der polnischen – sein muß, als auch die Idee, daß es die polnische Nation selbst ist, auf deren Schultern die geschichtliche Mission der Errettung der Welt ruht.[24] Einem speziellen Volk kommt mithin eine ganz besondere Aufgabe zu, die es zu erfüllen hat, und die weit über es selbst hinausweist.

Damit ist ein weiteres wichtiges Kennzeichen des Heilsbringers angesprochen, mag es sich dabei um ein Individuum oder aber um eine Gruppe von Menschen bzw. ein Volk handeln: der Gedanke, daß es eine Mission zu erfüllen gibt, eine ungemein wichtige Aufgabe, zu der man sich berufen fühlt. Die auferlegte Mission ist dabei keineswegs marginal, sondern sie richtet sich in letzter Konsequenz auf nichts weniger als auf die Erlösung der gesamten Menschheit, ist also universal. Der jeweilige Erlöser – ob nun einzelne Person oder Volk, Nation, Klasse – veranlaßt durch sein Wirken einen historischen Neuanfang, er wird zum Träger der weitergehenden Fortschrittsgeschichte hin zur universalen Neuwerdung der Menschheit.[25]

Wie wir in diesem ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit gesehen haben, lassen sich also ungeachtet der Vielfalt messianischer Erscheinungen bestimmte Grundstrukturen messianischen Denkens herausarbeiten, die im Fortgang der Untersuchung anhand zweier konkreter Beispiele aus dem politisch-messianischen Bereich näher beleuchtet und überprüft werden sollen.

 

3. Untersuchung zweier exemplarischer Ausprägungen des Messianismus

Im Fokus des zweiten Kapitels stehen zwei philosophische Gedankengebäude des 19. Jahrhunderts – der Marxismus sowie der polnische Messianismus –, von denen das erste bekanntermaßen eine ungeheure weltgeschichtliche Bedeutung in seiner Zeit und weit darüber hinaus erlangt hat, während das letztere eher auf nationaler Ebene seine Wirkung entfaltet hat.

Zunächst werden wir uns der von Karl Marx begründeten Lehre zuwenden und untersuchen, ob sich in ihr die soeben herausdestillierten Grundstrukturen messianischen Denkens aufweisen lassen.

3.1.            Marxismus

Analog zu den allgemeinen Überlegungen des ersten Teils dieser Arbeit richtet sich unser Blick zu Beginn auf die Lebenssituation der Menschen, wie Marx sie zu seinen Lebzeiten vorfand, und insbesondere darauf, wie er sie im Rahmen seiner philosophisch-wissenschaftlichen Schriften deutete. Wie schätzt Marx die Bedingungen ein, unter denen seine Zeitgenossen leben, wie sieht er ihre Situation im historischen Zusammenhang?

Karl Marx zufolge ist es ein Charakteristikum des Menschen, kein abstraktes „Wesen“ zu sein, sondern immer nur der in bestimmten historischen und gesellschaftlichen Konstellationen hervorgebrachte konkrete Mensch: „ ... das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum innewohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse.“[26] Eine weitere grundlegende Bestimmung des Menschen ist es, daß er als „Gattungswesen“ zu qualifizieren ist: „Der Mensch erscheint ursprünglich als Gattungswesen, Stammwesen, Herdentier.“[27] Von dieser ureigentlichen Wesensbestimmung hat sich der Mensch jedoch im Verlauf der Geschichte entfernt. Er hat einen historischen Prozeß durchlaufen, in dem er seinem ursprünglichen Verhältnis zur Gemeinschaft, das im Begriff „Gattungswesen“ gefaßt ist und das in einer ungeschieden organischen Beziehung von Mensch und Gemeinschaft besteht, immer weiter entrückt ist.[28] Dieser Auflösungsprozeß kulminierte auf der kapitalistischen Stufe der Menschheitsentwicklung und in den durch sie begründeten Eigentumsverhältnissen. Mit dem Aufkommen des Privateigentums in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft setzte der „Sündenfall“ des Menschen ein, Elend, Unglück und die Vereinzelung des Menschen nahmen ihren verheerenden Lauf. Das ursprüngliche Verhältnis zwischen Mensch und Gemeinschaft wurde zerstört, die Gesellschaft tritt dem Einzelnen nunmehr als fremd, ja feindlich gegenüber. „In der bürgerlichen Gesellschaft steht der Arbeiter zum Beispiel rein objektivlos, subjektiv da; aber die Sache, die ihm gegenübersteht, ist das wahre Gemeinwesen nun geworden, das er zu verspeisen sucht und von dem er verspeist wird.“[29] Gerade weil der Mensch aufgrund seines Wesens das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse ist, bestimmt ihn die auf dieser historischen Stufe von ihm losgelöste, sich ihm gegenüber verselbständigte Gesellschaft zu einem Dasein der Entfremdung.

Im Bestreben, sich dem im Werk von Karl Marx so zentralen Entfremdungsbegriff weiter anzunähern, gerät eine andere wichtige Facette des Wesens des Menschen, so wie Marx es versteht, ins Blickfeld. Es ist die Charakterisierung des Menschen als animal laborale, als ein Wesen, das erst durch seine Arbeit zu sich selbst kommt. Nicht nur seine Güter schafft sich der Mensch durch seine Arbeit, sondern auch sich selbst. „Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie. Wie sie sind, fällt also zusammen mit ihrer Produktion, sowohl damit, was sie produzieren, als auch damit, wie sie produzieren.“[30] In der kapitalistischen Produktions- und Arbeitswelt sind es Strukturelemente wie das Privateigentum an den Produktionsmitteln, die Arbeitsteilung und der Warenfetischismus, die der Arbeit den Charakter der Entfremdung verleihen. Steht man mit Marx auf dem Standpunkt, daß es die Arbeit ist, in der sich der Mensch gewinnt oder verliert, so ist es die entfremdete Arbeit, die den Menschen in der kapitalistischen Gesellschaft von der Möglichkeit trennt, er selbst zu sein. Während sich das als „Früchte der akkumulierten Arbeit“ bezeichnete Kapital in wenigen Händen konzentriert, ist es das Los der übergroßen Mehrheit der Menschheit, als Arbeiter unter unsäglichen Bedingungen Gegenstände zu produzieren, an denen sie niemals Eigentum erlangen werden; und indem sie lediglich ihnen nicht gehörende, fremde Waren herstellen, gehören sie auch nicht sich selbst. Die unter modernen Produktionsbedingungen selbstverständliche Arbeitsteilung hat ebenfalls ihren Anteil an der Entfremdung des Menschen von sich selbst, denn ihretwegen entgleitet dem Arbeiter das Ganze seiner Arbeit, weshalb er sich selbst nicht mehr als Ganzer wissen kann.[31] „Die Arbeitsteilung reduziert den Arbeiter auf eine degradierende Funktion. Dieser degradierenden Funktion entspricht eine depravierte Seele.“[32]

Der von Marx attestierte Prozeß der Entfremdung des Arbeiters zur Welt der von ihm geschaffenen Produkte, zu einer Welt also, die ihm nicht gehört und zu der er nicht gehört und in der er deshalb sich selbst nicht gehört, hat in der historischen Entwicklung immer drastischere Züge angenommen, hat sich verfestigt und hat schließlich im Kapitalismus seinen Höhe- oder Tiefpunkt erreicht, da der Arbeiter hier in seinem Arbeiten und Handeln nur immer tiefer und endgültiger seiner Bestimmung entfremdet wird.

Zusammenfassend läßt sich mithin festhalten, daß Marx für die zu seiner Zeit, also unter kapitalistischem Joch, lebenden und leidenden Menschen einen äußerst düsteren Befund gezogen hat: Er verortet seine Zeitgenossen und insbesondere die Masse der Arbeiter unter ihnen, als im Zenit der Entfremdung stehend, der Knechtschaft verfallen. Unabhängig vom ideologischen Standpunkt ist Marx in seiner Diagnose hinsichtlich der miserablen Lebensumstände der Arbeiterschaft im 19. Jahrhundert Recht zu geben: Tatsächlich stellte sich ihre Situation im Verlauf der Industrialisierung als überaus desolat dar.

Aus alldem ergibt sich, daß sich in der von Karl Marx begründeten Lehre das erste Kriterium messianischer Heilserwartungen, das wir im vorangegangenen Kapitel herausgearbeitet haben – die Diagnose einer signifikanten Krisensituation – aufweisen läßt.

Im Fortgang der Untersuchung soll es nun – wiederum analog zum ersten Kapitel dieser Arbeit – darum gehen, einen Blick auf den im Rahmen der Marxschen Lehre angebotenen Alternativentwurf zu werfen. Denn Karl Marx begnügt sich selbstredend nicht damit, bloß die mißliche Lage der Arbeiterschaft zu konstatieren; ihm ist es vielmehr darum zu tun, seine Vision hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Menschheitsgeschichte kundzutun, und zwar seine Überzeugung von der bevorstehenden gewaltsamen Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft; eine Kraftanstrengung, die mit der Zwischenstufe des Sozialismus schließlich in das von ihm gepredigte „Reich der Freiheit“ mündet – den Kommunismus. Der Weg dorthin führt über die „Vernichtung“ der die Entfremdung produzierenden gesellschaftlichen Institutionen und Ordnungen.[33] So, wie das Privateigentum im Entstehen der kapitalistischen Gesellschaft Elend, Unglück und die Entfremdung des Menschen produziert hat, so wird die Aufhebung desselben in der ersehnten kommunistischen Gesellschaft zur wirklichen „Aneignung des menschlichen Wesens durch und für den Menschen“ führen.[34] Der Mensch erlangt seine verlorene Bestimmung zurück, er gewinnt sich wieder, kehrt zu sich zurück.

Wie aber ist das von Marx propagierte „Reich der Freiheit“ konkret ausgestaltet, wie hat man sich die Gesellschaft der Zukunft vorzustellen?

Zunächst läßt sich konstatieren, daß es sich – wie bei politisch-messianischen Auffassungen üblich – um ein diesseitiges, irdisches Reich der Freiheit, der Fülle und des Friedens handelt.[35] War die Arbeit in der alten, kapitalistischen Gesellschaft von Not und äußerer Zweckmäßigkeit geprägt, so zeichnet sich das „neue Reich“ dadurch aus, daß der neue, nunmehr „vergesellschaftete Mensch“ seine materielle Existenz nur noch mit einem Minimum an Kraftaufwand sichern muß, und dies unter würdigen, adäquaten Bedingungen.[36] Entscheidendes Signum der neuen Zeit ist jedoch, daß sich all dies noch immer im Reich der Notwendigkeit vollzieht, während jenseits desselben sein eigentliches Leben aufblühen wird. Es wird ein Leben sein, in dem der „vergesellschaftete Mensch“ nicht mehr der beherrschte oder herrschende Mensch sein wird, sondern der in freier „Assoziation“ lebende Mensch. Die aus der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft bekannten Klassengegensätze, die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, wird es nicht mehr geben, vielmehr wird die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller sein.[37] Jedes frei assoziierte Individuum wird in der verkündeten, paradiesischen Gesellschaft nur noch mit Freude tätig sein, ganz nach seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen, und so, in nicht entfremdeter Arbeit, zu seinem eigentlichen Wesen kommen. Dies bringt Marx sehr anschaulich und prägnant in der „Deutschen Ideologie“ zum Ausdruck:

In der alten, arbeitsteiligen, Entfremdung produzierenden Gesellschaft hat der Mensch „einen bestimmten, ausschließlichen Kreis der Tätigkeit, der ihm aufgedrängt wird, aus dem er nicht heraus kann; er ist Jäger, Fischer oder Hirt oder kritischer Kritiker, und muß es bleiben, wenn er nicht die Mittel zum Leben verlieren will – während in der kommunistischen Gesellschaft, wo jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, auch das Essen zu kritisieren, ohne je Jäger, Fischer oder Hirt oder Kritiker zu werden, wie ich gerade Lust habe."[38]

Wichtig für die Marxsche Konzeption des neuen „Reiches der Freiheit“ ist der Umstand, daß der Mensch erst als der „vergesellschaftete Mensch“ zu seinem eigentlichen Wesen kommt; erst in der Gesellschaft entwickelt er seine wahre Natur,[39] und zwar in der Gesellschaft kommunistischer Prägung. In ihr vollzieht sich die Wiedergewinnung des Menschen. Der Kommunismus

„ist die wahrhafte Auflösung des Widerstreits zwischen dem Menschen mit der Natur, und mit dem Menschen, die wahre Auflösung des Streits zwischen Existenz und Wesen, zwischen Vergegenständlichung und Selbstbestätigung, zwischen Freiheit und Notwendigkeit, zwischen Individuum und Gattung. Er ist das aufgelöste Rätsel der Geschichte und er weiß sich als diese Lösung.“[40]

In dieser Charakterisierung des Kommunismus, insbesondere im letzten Satz der zitierten Ausführungen, scheint mit aller Deutlichkeit die Überzeugung Karl Marx‘ von der Zielgerichtetheit der Geschichte hervor: Der Kommunismus ist die Bestimmung der Geschichte, in ihm findet die Geschichte ihre endgültige Erfüllung. In Marx‘ Vision von der Erlösung des Menschen, die erreicht wird durch die totale Entfaltung des kollektiven Systems auf dem Gipfel- und Endpunkt der Geschichte, im Kommunismus, manifestiert sich der unbedingte Glaube an die Weltgeschichte als ein Heilsgeschehen, das mit Notwendigkeit seinem letzten Ziel zustrebt. Damit offenbart sich uns in der Geschichtsphilosophie von Karl Marx ein weiteres gewichtiges Merkmal, das wir im ersten Kapitel dieser Arbeit als ein Element messianischen Denkens identifiziert haben.

Hat erst einmal die Heilsgeschichte ihren unaufhaltsamen Gang genommen und hat sich die Verheißung mit der Ausbildung der kommunistischen Gesellschaft erfüllt, so wird der Mensch sich selbst, sein eigentliches Wesen wiedergewonnen haben. In dieser Prophezeiung Karl Marx‘ hinsichtlich der Rückkehr des Menschen zu sich selbst, der Wiedergewinnung der Einheit und Ganzheit des Menschen, tritt seine überaus positive Auffassung vom Wesen des Menschen und mithin ein weiteres Kriterium messianischer Denkweise deutlich zutage: Irgendwann einmal, in einer Art „positivem Urzustand“, war der Mensch ganz bei sich; eins mit sich selbst und der Natur lebte er in harmonischer Gemeinschaft mit anderen Menschen. Nach dem schon beschriebenen historischen Prozeß der Auflösung dieser ursprünglichen Strukturen, mitsamt all den negativen Folgen für den Menschen, schließt sich letztendlich auf der kommunistischen Endstufe der Geschichte der Kreis, und der Mensch kehrt zurück zu seinem eigentlichen Wesen. Da ihn mit dem Erreichen jener – Karl Marx zufolge – höchsten denkbaren Stufe menschlicher Entwicklung keine mißlichen Umstände mehr an der Entfaltung seiner guten, sozialen Eigenschaften hindern, gelangt das positive Wesen des Menschen nunmehr zu vollster Blüte.

Nachdem wir auf den vorangegangenen Seiten den von Karl Marx entwickelten Gegenentwurf zur desolaten Lage des Menschen auf der Stufe der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, seine Vision vom „Reich der Freiheit“, im einzelnen ausgelotet haben, wollen wir uns im folgenden derjenigen Instanz zuwenden, der wir dereinst das Heraufziehen der ersehnten Welt des Heils zu verdanken haben werden. Wer ist es, der dem Kommunismus zum Durchbruch verhilft, wer fungiert als Heilsbringer im Marxschen Weltentwurf? Die Antwort auf diese Frage fällt eindeutig aus: Es ist das Proletariat.[41] Gerade diejenige Klasse, die in der bestehenden kapitalistischen Gesellschaft vollständig an den Rand gedrängt ist, ja, die gewissermaßen außerhalb der Gesellschaft steht, ist dazu berufen, die tragende Rolle bei der Wiedergeburt des Menschen zu spielen. Unter den Bedingungen vollständiger Entfremdung lebend, aller Rechte beraubt, ist das Proletariat nicht das Opfer eines bestimmten Unrechts, sondern des Unrechts schlechthin.[42] Eben weil seine Einzigartigkeit in der völligen Entbehrung der bürgerlichen Vorrechte besteht, kommt dem Proletariat eine erlösende Funktion zu, trägt es den Keim der Veränderung in sich. Es ist der Schlüssel zum Problem der ganzen menschlichen Gesellschaft, und es kann sich von den Ketten des Kapitalismus nicht befreien, ohne zugleich damit die Gesellschaft als Ganzes zu befreien.[43]

Marx äußert sich zu der universalen Bedeutung des Proletariats in der „Deutschen Ideologie“:

Nur die von aller Selbstbestätigung vollständig ausgeschlossenen Proletarier der Gegenwart sind imstande, ihre vollständige, nicht mehr bornierte Selbstbestätigung, die in der Aneignung einer Totalität von Produktivkräften und der damit gesetzten Entwicklung einer Totalität von Fähigkeiten besteht, durchzusetzen. [44]

Die „Aneignung einer Totalität von Produktivkräften“

kann nur vollzogen werden durch eine Vereinigung, die durch den Charakter des Proletariats selbst wieder nur eine universelle sein kann, und durch eine Revolution, in der einerseits die Macht der bisherigen Produktions- und Verkehrsweise ... gestürzt wird und andererseits der universelle Charakter und die zur Durchführung der Aneignung nötige Energie des Proletariats sich entwickelt, ferner das Proletariat alles abstreift, was ihm noch aus seiner bisherigen Gesellschaftsstellung geblieben ist. [45]

In der Lehre von Karl Marx obliegt es mithin dem Proletariat, „das weltgeschichtliche Instrument zur Erreichung des eschatologischen Zieles aller Geschichte durch eine Weltrevolution“[46] zu verkörpern. Es – das Proletariat – fungiert also als ein Werkzeug der Vorsehung bei der Realisierung der universalen Erlösung, seine Rolle in der Geschichte ist von vornherein festgelegt. Dem Betrachter offenbart sich hier in aller Deutlichkeit ein weiteres messianistisches Charakteristikum, wie wir es im ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit bereits kennengelernt haben: Der Heilsbringer, bei dem es sich ja auch um eine Gruppe von Menschen oder um eine Klasse handeln kann, erscheint als ein auserwähltes Werkzeug der Geschichte, das mit einer ganz besonderen Aufgabe im vorherbestimmten Heilsplan betraut ist, das eine universale Mission zu erfüllen hat.[47]

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß sich – wie gezeigt – in der von Karl Marx begründeten Lehre sämtliche Merkmale messianischen Denkens, die sich im ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit herauskristallisiert haben, aufweisen lassen. Zwar haben Karl Marx und auch Friedrich Engels immer wieder ihre strikte Gegenposition zur jüdisch-christlichen Eschatologie betont, doch ändert dies nichts an dem eindeutigen Befund, daß sich der Marxismus „weiterhin eschatologischer Denkformen bedient, die dabei umgedeutet, eben ‚säkularisiert‘ werden.“[48] Womöglich kann der ganze historische Materialismus als „Heilsgeschichte in der Sprache der Nationalökonomie“[49] aufgefaßt werden, zumindest jedoch lassen sich anhand der Marxschen Auffassung vom Leben in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, anhand seiner Vision vom zukünftigen „Reich der Freiheit“ sowie anhand der weltgeschichtlichen Erlösungsrolle, die er dem Proletariat zugedacht hat, alle Grundmuster politisch-messianischen Denkens aufzei-gen. Wir sehen uns konfrontiert mit einer säkularreligiösen Heilsgeschichte, die vom Fall des Menschen in die Entfremdung und seiner letztendlichen Wiedererlösung am „Auferstehungstag“ durch das Wirken eines Heilsbringers in Gestalt des Proletariats handelt.

3.2            Polnischer Messianismus

Im folgenden soll anhand des Beispiels des polnischen Messianismus untersucht werden, ob sich die im ersten Kapitel aufgestellten allgemeinen Kriterien messianischen Denkens auch in der in Rede stehenden philosophischen Strömung nachweisen lassen, die im 19. Jahrhundert in Polen aufkam.

Wieder wird sich der Blick zunächst auf die Lebenssituation der Menschen richten: Unter welchen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedingungen lebten die Bürger Polens vor etwa 200 Jahren?

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verlor Polen infolge dreier Teilungen seine staatliche Souveränität. Bis dahin einer der größten Staaten des damaligen Europa, verschwand es binnen weniger Jahre Zug um Zug von der Landkarte, aufgeteilt zwischen seinen drei Nachbarn Rußland, Preußen und Österreich. Durch die Erste Polnische Teilung im Jahre 1772 büßte Polen etwa ein Drittel seines Gebietes sowie seiner Einwohnerzahl ein, durch die Zweite Teilung 1793 wurde das Land durch die Teilungsmächte Rußland und Preußen zu einem nicht mehr lebensfähigen Reststaat reduziert. Der 1794 von T. A. B. Kosciuszko geführte Aufstand lieferte den übermächtigen Nachbarn Preußen, Rußland und Österreich schließlich den Vorwand, in der Dritten Polnischen Teilung die polnische Eigenstaatlichkeit 1795 zu liquidieren. Auf dem Wiener Kongreß 1815 wurde die Teilung Polens endgültig besiegelt; die dort revidierten Teilungsgrenzen sollten im großen und ganzen bis zum Ersten Weltkrieg Bestand haben. Der russische Zar errichtete das „Königreich Polen“, das mit Rußland in Personalunion verbunden war. Zwar war das abhängige „Kongreßpolen“ nach den Statuten rechtsstaatlich verfaßt, doch sein Schicksal hing letztlich von der Macht eines autokratischen Regimes ab.[50] So kam es im November 1830 zu einem Aufstand, der nach zehn Monaten durch das zaristische Rußland blutig niedergeschlagen wurde. Infolge des gescheiterten Novemberaufstands wurde die bedingte Autonomie des „Königreichs Polens“ aufgehoben, und das Land wurde einer drastischen Russifizierungs- und Repressionspolitik ausgesetzt, was dazu führte, daß etwa 9 000 Polen in die Emigration gingen. Das Zentrum der „Großen Emigration“ wurde Paris.[51]

Aus diesem kurzen Abriß der politischen Situation, der sich die polnische Nation in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegenüber sah, wird bereits deutlich, wie verzweifelt die Lage der Menschen gewesen sein muß. Der staatlichen Souveränität beraubt, sowohl der politischen als auch der kulturellen Dominanz anderer Staaten ausgeliefert, war die Führungsschicht des Landes ins Ausland geflohen. Im Angesicht dieser großen historischen Katastrophe, kollektiven Verfolgungen ausgesetzt, ohne begründete Hoffnung auf eine baldige Besserung der Situation, erwachte das Nationalbewußtsein der Polen. Das Verlangen nach der Befreiung von fremder Herrschaft sowie nach politischer Einheit wurde zu einer Herzensangelegenheit der Menschen, der sie sich sowohl im Rahmen politischer Betätigung als auch und zuvörderst in intellektueller Hinsicht widmeten. In diesem Klima entwickelte sich in der Pariser Emigration die philosophische Strömung des romantischen Messianismus.[52] Es konstituierte sich eine „Nation im Exil, die weder einem König noch einer Regierung Gefolgschaft“ leistete, „sondern einer Vision, einem Mythos, einer Hoffnung.“[53]

Aus dem bisher Ausgeführten läßt sich das Fazit ziehen, daß das erste Merkmal für das Vorliegen eines messianischen Bewußtseins – die Diagnose einer signifikanten Krisensituation – in Bezug auf die Lage der Polen im 19. Jahrhundert eindeutig gegeben ist.

Nachdem wir uns vor Augen geführt haben, mit welch bedrückenden Umständen sich das polnische Volk zu Beginn des Aufkeimens messianischer Heilserwartungen konfrontiert sah, soll es nun, wiederum in Analogie zum ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit, darum gehen, näher auszuloten, worauf sich die Hoffnung der in Bedrängnis lebenden Menschen richtete.

Unter Berücksichtigung all der Abweichungen und Besonderheiten, die die verschiedenen Ausprägungen des polnischen Messianismus kennzeichnen, läßt sich als gemeinsamer Nenner konstatieren, daß sich die Heilserwartungen, wie es für ein politisch-messianisches Gedankengebäude signifikant ist, ganz auf das Diesseits konzentrierten. Den Theoretikern der in Rede stehenden philosophischen Strömung war aus eigenem leidvollen Erleben die verzweifelte Situation, in der sich ihr Volk befand, schmerzlich bewußt. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung war ihr ganzes theoretisches Bestreben, das oft auch durch aktive politische Betätigung unterstützt wurde, auf das künftige Wohlergehen der eigenen Nation gerichtet. Die unterdrückte und zerstückelte, jedoch nicht kapitulierende Nation der Polen sollte endlich in den Genuß der ihr zustehenden natürlichen Rechte gelangen, so, wie alle anderen Nationen auch,[54] sie sollte in Freiheit und Selbstbestimmung auf ihrem eigenen Territorium leben können. Doch nicht nur um die Freiheit ihres eigenen Volkes war es den Vertretern des polnischen Messianismus zu tun, sie waren durchdrungen von der Hoffnung auf Befreiung für alle unterdrückten Völker, erfüllt von der Erwartung, daß die Erneuerung der Menschheit schlechthin in absehbarer Zeit Wirklichkeit würde.[55]

Der Begriff „Messianismus“ im vorliegenden Zusammenhang geht zurück auf Józef Maria Hoene-Wronski (1778-1853), der im Jahre 1831 ein Werk mit dem Titel „Prodrome du Messianisme“ verfaßte. Seiner Vorstellung zufolge vollzieht sich die Geschichte in bestimmten Etappen und bewegt sich auf ein Ziel hin zu, das in der geistigen Vervollkommnung der Menschheit besteht. Auf dem Weg dorthin sind verschiedene Konflikte zu überwinden. Zu deren Lösung sollen die einzelnen Völker beitragen, denen er entsprechend ihrem spezifischen Charakter bestimmte Aufgaben zuweist. So soll es etwa die Mission Polens sein, im Widerstreit zwischen Theorie – dem „deutschen Element“ – und Praxis – dem „französischen Element“ – vermittelnd zu wirken.[56]

In Anlehnung an die Überlegungen Hoene-Wronskis entwickelten die zeitgenössischen Theoretiker des polnischen Messianismus die Idee der unterschiedlichen Aufgaben der einzelnen Völker, die diese in einem übergeordneten Heilsplan zu erfüllen haben, weiter.

Als bekanntester Vertreter des polnischen Messianismus gilt der romantische Dichter Adam Mickiewicz (1798-1855), der unter dem Eindruck der Niederlage im Novemberaufstand eine Schrift mit dem Titel „Bücher der polnischen Nation und der polnischen Pilgerschaft“ verfaßte. Darin entwirft er eine Geschichtsphilosophie, in der sich die Geschichte als ein Auf und Ab aufeinanderfolgender moralischer und religiöser Niederlagen und Erhebungen darstellt. Jeglicher Fortschritt in der Geschichte beruht auf einer religiösen und moralischen Verbesserung der Menschheit, die infolge der Verkündigung des göttlichen Willens durch die von Gott erwählte Nation eintritt. Die letzte große Erhebung datiert Mickiewicz auf die Zeit des Auftritts Christi, der die Menschheit aus den Sümpfen des Niedergangs herausriß.[57] Allerdings blieb die Wirkung Christi nur auf die private Sphäre beschränkt, der Bereich des Politischen wurde nicht von ihr erfaßt. Damit erklärt der Dichter die gegenwärtige Phase der Niederlage, die sich in den Polnischen Teilungen und in der Niederschlagung des Novemberaufstandes manifestiert. Allerdings, so prophezeit Mickiewicz, wird die Menschheit nicht auf der Stufe der Niederlage verharren; sie wird sich, wiedergeboren im Glauben, aus den Niederungen erheben und die Lehre Christi in Zukunft auch in der politischen Sphäre beherzigen. Garant für eine derartig positive Entwicklung ist die Nation, die von Gott zur Verkündung seines Willens auserwählt wurde: die polnische. Mickiewicz begründet die herausgehobene Stellung des polnischen Volkes, seine Betrauung mit einer so wichtigen, göttlichen Mission mit einer Analogie zwischen dem Tod Christi und dem Schicksal Polens.[58] Er stellt eine Parallele her zwischen der Kreuzigung Christi und dem Märtyrertum Polens, um die geschichtliche Mission des polnischen Volkes zu rechtfertigen. Polen erscheint also als ein „Christus der Nationen“, dessen Niedergang einen Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit markiert. Damit wird das Schicksal Polens zu einem höchst bedeutsamen Moment im universalen Plan der Geschichte: Durch das Leiden eines stellvertretenden Opfers wird die Erlösung der Menschheit erreicht.[59]

Doch die Mission des polnischen Volkes erschöpft sich keineswegs in der bloß duldenden Hinnahme der von fremden Mächten oder königlichen Despoten zugefügten Leiden. Vielmehr ist es dazu berufen, aktiv am Kampf um die Freiheit teilzunehmen. In seiner Schrift „Bücher der polnischen Nation und der polnischen Pilgerschaft“ predigte Mickiewicz den „allgemeinen Krieg für die Freiheit der Völker“ sowie den Haß gegen die Staatsmacht.[60] Des weiteren verglich er die polnischen Emigranten mit den Aposteln Christi und sprach von der Verpflichtung Polens gegenüber allen Völkern, die um ihre Freiheit kämpfen.

Tatsächlich beteiligten sich zahlreiche Polen an den Unabhängigkeitskriegen und Revolutionen in Italien, Ungarn, Frankreich und Deutschland. Unter der Losung „Za wasza i za nasza wolnosc“ („Für eure und für unsere Freiheit“) unterstützten sie die um ihre Freiheit kämpfenden Völker, wann und wo immer sich die Gelegenheit dazu bot.[61]

Der von den Angehörigen der polnischen Nation und ihren intellektuellen Köpfen ersehnte Zustand des Heils, der sich nach der Überwindung des gegenwärtigen Äons des Unheils aufgrund des tatkräftigen Wirkens des auserwählten polnischen Volkes einstellen wird, ist mithin geprägt von dem friedlichen, harmonischen und brüderlichen Zusammenleben der von Tyrannei und Fremdherrschaft befreiten Völker. Daß dieser Gegenentwurf zu all dem so schmerzlich erlittenen Unrecht notwendigerweise Wirklichkeit werden wird, ergibt sich aus der den Menschen zuteil gewordenen Verkündigung Gottes. Gemäß dem göttlichen Plan ist die polnische Nation beauftragt, das „neue Reich“ herbeizuführen. Hier zeigt sich sehr deutlich ein weiteres Charakteristikum messianischen Denkens: die Überzeugung, daß die Geschichte mit innerer Sinnhaftigkeit verläuft und auf ein vorherbestimmtes Ziel zusteuert.

Anhand des skizzierten Gegenentwurfs, dessen Realisation die Vertreter des polnischen Messianismus erwarten, läßt sich noch ein anderes Merkmal messianischer Denkmuster aufweisen: der Glaube an das Gute im Menschen, die Überzeugung, daß bloß günstige Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, um die positiven Eigenschaften des Menschen ans Licht zu holen. Sind die bisher unterdrückten Völker erst einmal befreit vom Joch fremder Besatzer oder despotischer Herrscher, so bringt dieser Prozeß der Läuterung und Neugeburt ihre natürlichen guten Anlagen zum Vorschein.[62]

Im Fokus des letzten Abschnitts über den polnischen Messianismus soll schließlich, analog zum ersten Kapitel, die Gestalt des Erlösers stehen, diejenige Instanz also, durch deren Wirken der ersehnte Zustand des Heils hereinbrechen wird. Wie wir gerade gesehen haben, ist es das polnische Volk, dem die ungemein wichtige Mission obliegt, durch sein Handeln die eigene Freiheit und darüber hinaus die Freiheit für alle unterdrückten Völker zu erlangen. Doch woher erhält es den Impuls zur Aktion, wer inspiriert es zu den erforderlichen Höchstleistungen im Dienste der Freiheit?

Dieser Fragestellung widmet sich der romantische Dichter Adam Mickiewicz unter anderem in den Vorträgen, die er in den Jahren 1840-1844 am Collège de France in Paris im Rahmen seiner Lehrtätigkeit als Professor am Lehrstuhl für Geschichte der slawischen Literatur gehalten hat.

Ausgangspunkt seiner Vorlesungen über den Messianismus war die Diagnose, daß sich die europäische Kultur in einer tiefen Krise befinde, für die er insbesondere den Rationalismus, das von der Moralität losgelöste Wissen, verantwortlich machte. Die Wahrheiten des Rationalismus seien „tot“ und hätten keine Bedeutung für die moralische Vervollkommnung des Menschen.[63] Diesen „toten“ Wahrheiten stellte Mickiewicz „lebendige“, im Schmerz errungene Wahrheiten entgegen, die den ganzen menschlichen Geist beschäftigten und die moralische Forderungen Gottes seien. Ihnen könne man sich nur durch tiefes Gefühl, begeisterten Glauben und phantasievolle Einsicht nähern, was wahrhaft „großen Männern“ vorbehalten sei.[64] Allein ihnen – den „großen Männern“ – wird in Form plötzlicher Offenbarungen die göttliche Wahrheit zuteil, in ihren Worten und Taten verkörpert sich die göttliche Lehre.

Das Auftreten einer solchen charismatischen Führungspersönlichkeit erwartete Mickiewicz für seine Zeit. Er dachte dabei an einen neuen Napoleon, an eine Person, in der sich der „Geist Christi“ mit „napoleonischer Stärke“ verbindet.[65] Unter seiner Leitung und durch seine Inspiration beflügelt würde sich das polnische Volk zum Freiheitskampf erheben und die alte Ordnung stürzen.

Damit ist ein weiteres Grundmuster messianischen Denkens zutage getreten: Das Kommen eines Heilsbringers wird erwartet, der als ein auserwähltes Werkzeug Gottes oder der Geschichte fungiert und dem es obliegt, eine spezifische, universale Mission zu erfüllen. Dabei ist es unerheblich, ob man in engerer Betrachtungsweise auf die Funktion des Impulsgebers abstellt – der charismatischen Führungspersönlichkeit in der Konzeption Mickiewiczs – und ihn zur alleinigen Erlösergestalt erklärt, oder ob man in einer weiter gefaßten Auslegung das ganze polnische Volk als Heilsbringer identifiziert.

Als Fazit läßt sich somit festhalten, daß sich – wie gezeigt – im polnischen Messianismus sämtliche Grundmuster messianischen Denkens, die im ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit herausdestilliert wurden, nachweisen lassen.

4. Schlußteil

Auf den vorangegangenen Seiten wurde versucht, sich dem weltweit und durch die Geschichte hindurch beobachtbaren Phänomen messianischer Heilserwartungen zu nähern. Längst nicht alle Aspekte dieses facettenreichen Themas konnten erschöpfend behandelt werden.

Zur Sprache kamen jedoch allgemeine Grundstrukturen, die sich wie ein roter Faden durch sämtliche Erscheinungsformen messianischer Vorstellungen ziehen, seien sie religiöser oder politischer Natur. Als allgemeine Konstante messianischen Denkens wurde zunächst das Vorliegen einer signifikanten Krisensituation als Quellgrund für das Entstehen messianischer Hoffnungen identifiziert. Des weiteren zeichnen sich messianische Heilserwartungen durch den Entwurf eines Gegenbildes zu der als überaus leidvoll und beschränkt erlebten Gegenwart des eigenen Daseins aus. Das imaginierte „neue Reich“ gemahnt dabei in seiner Vollkommenheit an das Paradies. Als weiteres Merkmal messianischen Denkens stellte sich in diesem Zusammenhang die unbedingte Überzeugung von der Zielgerichtetheit der Geschichte heraus, der unverbrüchliche Glaube daran, daß sich der historische Prozeß mit Sinnhaftigkeit vollzieht und mit dem Triumph des „wahrhaft Guten“ enden wird. Auch das messianischen Weltauffassungen eigene überaus positive Menschenbild gehört in diesen Sinnzusammenhang. Schließlich darf in einem messianischen Weltbild die Figur des Messias, die Erlösergestalt, nicht fehlen. Sie ist mit „höheren Weihen“ ausgestattet und fungiert entweder – wie es bei den religiös-messianischen Überzeugungen der Fall ist – als Werkzeug Gottes, oder aber – bei politisch-messianischen Strömungen – als Werkzeug der Geschichte selbst. Immer jedoch ist dem Heilsbringer eine zutiefst bedeutsame, universale Mission auferlegt.

Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit richtete sich der Fokus auf zwei Spielarten des politischen Messianismus, auf den Marxismus sowie auf den polnischen Messianismus. Als Ergebnis der ausführlichen Erörterungen des zweiten Kapitels läßt sich festhalten, daß sich sowohl im Fall der marxistischen Lehre als auch hinsichtlich des im Zuge der Romantik in Polen aufgekommenen nationalen Messianismus sämtliche im ersten Kapitel ermittelten Konstanten messianischen Denkens nachweisen ließen.

Bedingt durch den begrenzten Umfang der Arbeit mußte darauf verzichtet werden, die Problematik zu thematisieren, die sich aus dem Befangensein in messianischen Denkmustern ergeben kann. Irritationen können dabei aufgrund verschiedener Aspekte auftreten. So erscheint etwa das Rekurrieren auf die eigentlich „gute Natur“ des Menschen als anthropologisch naive Fiktion;[66] ein übermäßiges Abstellen auf das im Grunde „gute Wesen des Menschen“, das „einhergeht mit der Angst, der alte Adam würde sich wieder durchsetzen“, kann sogar zu totalitären Schlußfolgerungen verleiten.[67] Wenn der Hyperutopist den „Himmel auf Erden“ zum Greifen nah weiß, dann wird er im Fall der Fälle bereit sein, einen hohen Preis dafür zu bezahlen (bzw. andere dafür bezahlen zu lassen), daß das erstrebte Heilsziel auch tatsächlich erreicht wird. Könnte man es überhaupt verantworten, etwa auf die Ausübung von Terror zu verzichten, wenn man davon überzeugt wäre, daß der Terror in der gegebenen Situation das einzige Mittel darstellt, um in das soziale „Paradies“ einzutreten?[68]

Ein weiterer nicht unproblematischer Aspekt betrifft die Frage des Erfolgs messianischer Heilsversprechen. So „schön“ oder überzeugend eine Utopie in der Theorie auch klingen mag, so sollte sie doch immer an der Realität gemessen werden. Es mag vielleicht übertrieben sein, im Zusammenhang mit messianischen Konzepten generell von einem Scheitern derselben zu sprechen, doch es kann nicht darüber hinweggesehen werden, daß etwa die marxistische Theorie sich in der Praxis nicht bewährt hat. Schon der alte Karl Marx mußte feststellen, daß sich die Dinge anders als erwartet entwickelten, daß seine Prophezeiungen sich – wenigstens zu seinen Lebzeiten – nicht erfüllten: Die vorhergesagte Revolution und der Eintritt ins verheißene „Paradies des Kommunismus“ blieben aus.[69]

Was den polnischen Messianismus angeht, so entfaltete diese ja grundsätzlich weltoffene und tolerante Geisteshaltung zwar eine nicht zu unterschätzende Wirkung innerhalb Polens und in der Emigration; auch beeinflußte er das Fremdbild der Polen im Ausland (so lebten etwa die deutschen Polenlieder zur Zeit der liberalen deutschen Polenfreundschaft vom Mythos des tapferen, freiheitsliebenden und patriotischen Polen[70]); jedoch darf bei alldem nicht vergessen werden, daß der Messianismus in Polen am Anfang des 20. Jahrhunderts eine unrühmliche Renaissance erlangte, indem die polnische Rechte sich seiner bediente, um nach Wiedererlangung der staatlichen Unabhängigkeit den nationalen Minderheiten Rechte zu verweigern und die Parole des ethnisch homogenen Staates zu verkünden.[71]


Literaturverzeichnis

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Fußnoten

[1] Vgl. J. Garewicz: Messianismus, in: E. Kobylinska u.a. (Hg.): Deutsche und Polen. 100 Schlüsselbegriffe, Piper Verlag, München 1993, S. 159 f; J. L. Talmon: Politischer Messianismus. Die romantische Phase. Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen, 1963, S 21 ff; S. 213 ff; S. 226 ff; S. 263 ff.

[2] Vgl. V. Lanternari: Religiöse Freiheits- und Heilsbewegungen unterdrückter Völker. Luchterhand Verlag, Neuwied und Berlin, 1968.

[3] Ch. Schulte: Der Messias der Utopie. Elemente des Messianismus bei einigen modernen jüdischen Linksintellektuellen, in: J. H. Schoeps, K. E. Grözinger, W. Jasper und G. Mattenklott (Hg.): Geschichte, Messianismus und Zeitenwende: Menora, Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte, Band 11, Philo Verlagsgesellschaft, Berlin/Wien 2000, S. 256. Vgl. zum Begriff des Messias: Ebd., S. 258.

[4] Ebd., S. 260 ff.

[5] Vgl. E. Topitsch: Heil und Zeit. Ein Kapitel zur Weltanschauungsanalyse. J. C. B. Mohr, Tübingen 1990, S. 18 f.

[6] V. Lanternari: Religiöse Freiheits- und Heilsbewegungen unterdrückter Völker, S. 12.

[7] Ebd., S. 46.

[8] Ebd., S. 333.

[9] V. Lanternari: Ebd., S. 113.

[10] Vgl. V. Lanternari: Ebd., S. 120.

[11] E. Topitsch: Heil und Zeit, S. 8 f.

[12] G. Küenzlen: Der Neue Mensch. Eine Untersuchung zur säkularen Religionsgeschichte der Moderne. Wilhelm Fink Verlag, München 1994, S. 58 f.

[13] Ch. Schulte: Der Messias der Utopie, in: J. H. Schoeps u.a.: Geschichte, Messianismus, Zeitenwende, S. 260 f.

[14] Vgl. Jes 65, 17.

[15] G. Küenzlen: Der Neue Mensch, S. 76.

[16] J. L. Talmon: Politischer Messianismus, S. 1.

[17] E. Topitsch: Erkenntnis und Illusion. Grundstrukturen unserer Weltauffassung. Hoffmann und Campe, Hamburg, 1979, S. 113.

[18] J. L. Talmon: Politischer Messianismus, S. 11.

[19] Vgl. E. Topitsch: Heil und Zeit, S. 31.

[20] J. L. Talmon: Politischer Messianismus, S. 9. Vgl. auch: P. Tepe: Illusionskritischer Versuch über den historischen Materialismus. Verlag Die Blaue Eule, Essen 1989, S. 56 ff.

[21] E. Topitsch: Erkenntnis und Illusion, S. 11 f.

[22] E. Topitsch: Erkenntnis und Illusion, S. 28.

[23] K. Löwith: Weltgeschichte und Heilsgeschehen. Die theologischen Voraussetzungen der Geschichtsphilosophie. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz, 6. Aufl. 1973, S. 143.

[24] J. Garewicz: Messianismus, in: E. Kobylinska u.a.: Deutsche und Polen, S. 154 f.

[25] Vgl. G. Küenzlen: Der Neue Mensch, S. 60.

[26] K. Marx: Deutsche Ideologie. In: Frühschriften, Alfred Kröner Verlag Stuttgart, 1953, S. 340.

[27] Ders.: Formen, die der kapitalistischen Produktion vorhergehn, aus: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. In: Karl Marx und Friedrich Engels: Studienausgabe Band II. Politische Ökonomie, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1966, S. 150.

[28] G. Küenzlen: Der Neue Mensch, S. 110 f.

[29] K. Marx: Formen, die der kapitalistischen Produktion vorhergehn, aus: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. In: Studienausgabe II, S. 150.

[30] K. Marx: Deutsche Ideologie, S. 347.

[31] G. Küenzlen: Der Neue Mensch, S. 112 f.

[32] K. Marx: Das Elend der Philosophie. In: Frühschriften, S. 516.

[33] G. Küenzlen: Der Neue Mensch, S. 114.

[34] K. Marx: Nationalökonomie und Philosophie. In: Frühschriften, S. 235.

[35] E. Topitsch: Heil und Zeit, S. 30.

[36] G. Küenzlen: Der Neue Mensch, S. 116.

[37] K. Löwith: Weltgeschichte und Heilsgeschehen. Die theologischen Voraussetzungen der Geschichtsphilosophie. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln und Mainz, 6. Auflage 1973, S. 45 f.

[38] K. Marx: Deutsche Ideologie, S. 361.

[39] K. Marx: Die heilige Familie. In: Frühschriften, S. 334.

[40] K. Marx: Nationalökonomie und Philosophie, S. 235.

[41] Vgl. G. Küenzlen: Der Neue Mensch, S. 119; zur Rolle, die gerade das deutsche Proletariat nach der Überzeugung von Karl Marx aufgrund seiner besonders prekären Situation für das Gelingen einer radikalen kommunistischen Revolution spielen soll, vgl.: P. Tepe: Illusionskritischer Versuch über den historischen Materialismus, S. 169 ff; J. L. Talmon: Politischer Messianismus, S. 185 f.

[42] J. L. Talmon: Politischer Messianismus, S. 185 f.

[43] K. Löwith: Weltgeschichte und Heilsgeschehen, S. 42.

[44] K. Marx: Deutsche Ideologie, S. 406 f.

[45] Ebd., S. 407.

[46] Vgl. K. Löwith: Weltgeschichte und Heilsgeschehen, S. 41; beachte auch seine Bezeichnung des Proletariats als „das auserwählte Volk des historischen Materialismus“: Ebd., S. 41.

[47] Im Unterschied zu der hier vertretenen Auffassung, daß im marxistischen Verständnis die Rolle des Heilsbringers dem Proletariat zugewiesen ist, geht Ernst Topitsch noch einen Schritt weiter und identifiziert Karl Marx selbst als selbsternannten Heilsbringer: „Bereits vor dem ‚Kommunistischen Manifest‘ ist im wesentlichen das apriorische Grundschema da, in welchem der Advokatensohn aus Trier sich selbst als solitären Heilsbringer im Mittelpunkt eines die gesamte Menschheitsgeschichte umfassenden Heilsdramas versteht.“ Vgl.: E. Topitsch, Heil und Zeit, S. 29. Siehe auch seine Formulierung: „.... Messias aus Trier ...“: Ebd., S. 30. Mir erscheint eine solche Interpretation als zu weitgehend, doch würde eine Diskussion der These Ernst Topitschs den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

[48] P. Tepe: Illusionskritischer Versuch über den historischen Materialismus, S 116.

[49] K. Löwith: Weltgeschichte und Heilsgeschehen, S. 48.

[50] Vgl. Z. Kuderowicz: Das politische Ideengut Polens. Bouvier Verlag, Bonn 1988, S. 18.

[51] Z. R. Wilkiewicz: Die großen nationalen Mythen Polens, in: Y. Bizeul (Hg.: Politische Mythen und Rituale in Deutschland, Frankreich und Polen, Duncker & Humblot, Berlin 2000, S. 62; Z. Kuderowicz: Das philosophische Ideengut Polens, S. 28.

[52] Z. Kuderowicz: Das philosophische Ideengut Polens, S. 28.

[53] J. L. Talmon: Politischer Messianismus, S. 237.

[54] J. Garewicz: Messianismus, in: E. Kobylinska u.a.: Deutsche und Polen, S. 154.

[55] Vgl. Z. Kuderowicz: Das philosophische Ideengut Polens, S. 66.

[56] Z. Kuderowicz: Das philosophische Ideengut Polens, S. 26 f.

[57] Ebd., S. 68.

[58] Vgl. J. Garewicz: Messianismus, in: E. Kobylinska u.a.: Deutsche und Polen, S. 159; Z. Kuderowicz: Das philosophische Ideengut Polens, S. 68.

[59] J. L. Talmon: Politischer Messianismus, S. 238.

[60] Z. Kuderowicz: Das philosophische Ideengut Polens, S. 67.

[61] Vgl.: Z. R. Wilkiewicz: Die großen nationalen Mythen Polens, in: Y. Bizeul (Hg.): Politische Mythen und Rituale in Deutschland, Frankreich und Polen, S. 63; J. L. Talmon: Politischer Messianismus, S. 237 f.

[62] Vgl. J. L. Talmon: Politischer Messianismus, S. 15.

[63] Z. Kuderowicz: Das philosophische Ideengut Polens, S. 70.

[64] J. L. Talmon: Politischer Messianismus, S. 242.

[65] J. Garewicz: Messianismus, in: E. Kobylinska u.a.: Deutsche und Polen, S. 155 f.

[66] Vgl. P. Tepe: Illusionskritischer Versuch über den historischen Materialismus, S. 56 ff.

[67] J. L. Talmon: Politischer Messianismus, S. 9 f.

[68] Vgl. P. Tepe: Illusionskritischer Versuch über den historischen Materialismus, S. 72 ff.

[69] E. Topitsch: Heil und Zeit, S. 31.

[70] Z. R. Wilkiewicz: Die großen nationalen Mythen Polens, in: Y. Bizeul: Politische Mythen und Rituale in Deutschland, Frankreich und Polen, S. 63.

[71] Vgl. J. Garewicz: Messianismus, in: E. Kobylinska u.a.: Deutsche und Polen, S. 158.

 


[Inhaltsverzeichnis Band 1]