Nobelpreisträgerinnen für Literatur
1909 - 1945

Pearl Bucks Entwicklung - zwischen China und Amerika

Pearl S. Buck wurde am 26. Juni 1892 in Hillsboro in West-Virginia geboren. Sie war die Tochter zweier Missionare, Carie und Andrew, und verbrachte fast ihre gesamte Kindheit in China in der Stadt Chinkiang.

Erste literarische Versuche

Von ihrer Mutter wurde sie bereits früh zum Verfassen kleiner Geschichten angehalten, denn diese schickte die Werke der kleinen Pearl an den Shanghai Mercury, der monatlich Preise für Einsendungen von Kindern vergab. Auch auf dem College in Amerika gewann Pearl zwei Literaturpreise ihrer Schule, nämlich für die beste Kurzgeschichte und für das beste Gedicht.







Im Bann der chinesischen Kultur

Pearl S. Buck war ein inniger Kontakt zur chinesischen Kultur möglich, da die Eltern sich entschieden hatten, integriert in der chinesischen Gesellschaft zu leben. Nicht nur, dass Pearl immer mit den chinesischen Nachbarskindern spielte, sie hatte auch eine alte, chinesische Kinderfrau, die sie mit den Märchen und Erzählungen Chinas bekannt machte. Zusätzlichen Unterricht erhielt sie von Herrn Kung, einem konfuzianischem Gelehrten, der sie in chinesischer Schrift und Sprache unterrichtete. Durch ihn fing Pearl an, das Missionartum kritisch zu reflektieren und erkannte, dass es den Missionaren um ihren eigenen Glauben ging, nicht primär um das chinesische Volk. In Bucks Romanen war das anders, sie beschäftigte sich intensiv mit dem chinesischen Volk und dessen Kultur.

Essaypreis für „China und der Westen“

Nur das College besuchte sie in den USA, von 1909-1914, kehrte aber nach dem Abschluss wieder nach China zurück um die Jahre bis zu ihrem Masterstudium als Englischlehrerin zu arbeiten. 1924 wurde ihr erster Essay „In China, Too“ in dem Journal Atlantic abgedruckt. 1925/26 ging sie an die Cornell University, um ihren Master in Literaturwissenschaft zu machen. Ihr Mann, John Lossing Buck, den sie 1917 geheiratet hatte, stellte dort seine Dissertation fertig. Sie gewann den Wettbewerb um den besten historischen Essay mit ihrem Beitrag „China und der Westen“.

Beginn der schriftstellerischen Karriere

Beginn der schriftstellerischen Karriere Ihr erster Roman East Wind, West Wind (dt. Ostwind-Westwind, 1934) erschien 1930 und erzählt die Geschichte eines jungen chinesischen Paares. Der Mann hat Medizin in den USA studiert und ist nach China zurückgekehrt. Er folgt dem Willen seiner Eltern und heiratet eine für ihn ausgesuchte Frau. Innerhalb der Ehe möchte er eine gleichberechtigte Partnerschaft errichten, was seine noch in den alten Bräuchen Chinas aufgewachsene Frau zunächst mit Unsicherheit erfüllt. Im Laufe des in Form eines Tagebuchs geschriebenen Romans, kann sie ihre Unsicherheit überwinden und begreift sich inmitten eines Konflikts zwischen Ost und West. Diese Thematik steht in vielen Romanen Pearl Bucks im Vordergrund und beeinflusste sie unter anderem dazu eine Agentur für schwervermittelbare amerasiatische Kinder zu gründen. Der Roman wurde von den Kritikern wohlwollend aufgenommen und verkaufte sich zunächst einigermaßen erfolgreich, hielt sich aber viel länger als andere Romane in den Verkaufslisten. Erst in der nachfolgenden Saison war der Anstieg der Verkaufszahlen groß und sein Absatzes immens.

Vollständiger Umzug nach Amerika

1932 traf sie die Entscheidungen, sich in Amerika niederzulassen und sich 1935 von ihrem Mann scheiden zu lassen. Im selben Jahr heiratete sie ihren Verleger John Walsh und adoptierte zusammen mit ihm im Laufe der Jahre 8 Kinder, da sie selbst aufgrund einer Operation keine mehr haben konnte.

Die Zuerkennung des Nobelpreises

Den Literatur-Nobelpreis erhielt sie 1938 einerseits für die Roman-Trilogie, deren ersten Teil der schon ausgezeichnete Roman „The Good Earth“ darstellt; hinzu kamen „Sons“ und „A House Divided“. In der „Good-Earth“-Trilogie konzentriert sich Pearl S. Buck auf die Darstellung des Konflikts zwischen dem alten China und den neu ‚importierten‘ westlichen Werten. Zentral sind dabei das Schicksal und die Rolle der chinesischen Frau.Die zweite Säule der literarischen Bedeutung bilden für die Akademie die Biografien ihrer Eltern: „The Exile“ (dt. „Die Frau des Missionars“) und „Fighting Angel“ (dt. „Gottesstreiter im fernen Land“), beide 1936 erschienen. Hier erreiche sie „den Gipfel ihrer Charakterisierungs- und Erzählkunst“, so der Sekretär der Schwedischen Akademie Per Hallström in seiner Laudatio. (1)




Zusammenfassend führt Hallström aus, dass die Autorin „für die bedeutenden Werke“ den Nobelpreis erhalte, „mit denen sie den Weg einer tiefen menschlichen Sympathie zu den Völkern abgesteckt hat, die durch ferne Grenzen von uns getrennt sind und für ihr Ringen um die menschlichen Ideale, denen sie ihre so hoch entwickelte und lebendige Erzählkunst widmete.“ Sie habe „eine ferne fremde Welt dem tiefen menschlichen Verständnis und dem Mitgefühl des Abendlands“ erschlossen. (2)





Politisch-ethische Gründe für die Nobelpreis-Zuerkennung: Die Verleihung des Nobelpreises an Pearl S. Buck war auch eine politisch motivierte Geste. Im Jahr 1937 fiel Japan in China ein und ein Jahr später erfolgte der „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland und Hitler konnte die sudetendeutschen Gebiete von der Tschechoslowakei abspalten und dem Deutschen Reich einverleiben. Die Schwedische Akademie wählte mit Buck eine Autorin, die mit den europäischen Verwerfungen nichts zu tun hatte, die die Kriterien des unbeirrbaren Idealismus und der hohen Moral, die von Alfred Nobel aufgestellt worden waren, prägnant vertrat. Ihr optimistischer Glaube an das Gute im Menschen und an die Macht der interkulturellen Verständigung war es, den man in der Phase einer sich offenbarenden aggressiven Eroberungs-Politik in ihren Werken schätzte und auf den man das Augenmerk lenken wollte.



Ihr Nobel-Vortrag, am 12. Dezember 1938 gehalten, war dem chinesischen Roman gewidmet. „The Chinese Novel“ wurde über die Jahrhunderte hin nie zur Hochkultur gezählt, er war auf keine Ausdrucksmittel festgelegt und war vor allem nicht in der klassischen Hochsprache verfasst. Vielmehr wurde er aus einem großen Vorrat an Geschichten durch das Volk geschrieben und verändert. Der Roman stelle das Leben in seiner Vielfältigkeit dar, so wie es die chinesische Bevölkerung wahrnahm und noch wahrnimmt. Die Autorin präsentierte der westlichen Zuhörerschaft die kaum bekannte chinesische Romantradition und stellte sich selbst in diese Tradition: „And like the Chinese novelist, I have been taught to want to write for these people. If they are reading their magazines by the million, then I want my stories there rather than in magazines read only by a few. For story belongs to the people […] a novelist is a storyteller in a village tent, and by his stories he entices people into his tent. […] He must be satisfied if the common people hear him gladly. At least, so I have been taught in China.” (3)



Entwicklung nach 1938 - Pearl Buck als John Sedges

1945 entscheidet sich Pearl Buck den Roman The Townsman, der in Amerika spielt, unter dem Pseudonym John Sedges zu veröffentlichen. Sie fand, dass ihre Romane mit amerikanischem Hintergrund aufgrund ihrer Bekanntheit auf dem Gebiet des in China spielenden Romans, nicht genug Anerkennung bekamen. The Townsman bekam bis das bekannt wurde, dass sie sich hinter dem Pseudonym verbarg außerordentlich gute Kritiken. Mit The Angry Wife, The Long Love und American Triptych erschienen noch drei weitere Romane unter ihrem Pseudonym.













Pearl Bucks Engagement für Kinder

Ihr ganzes Leben lang waren Kinder für Pearl Buck besonders wichtig. So gründete sie in ihren späteren Lebensjahren das Welcome House, eine Organisation zur Vermittlung „amerasiatischer“ Kinder, die damals als nicht vermittelbar galten. Neben dieser gründete sie die Pearl S. Buck-Stiftung, die Aktivitäten zugunsten behinderter Kinder finanziert. 1950 schrieb sie die Erzählung The Child Who Never Grew (dt. Geliebtes, unglückliches Kind, 1952), in der sie das Leben mit ihrer behinderten Tochter verarbeitet und Eltern behinderter Kinder Mut macht. Zwei Jahre später erscheint ihre Autobiographie My Several Worlds (dt. Mein Leben, meine Welten, 1955). Bis kurz vor ihrem Tode am 6. März 1973 lebte Pearl S. Buck in Vermont auf ihrer Green Hills Farm.









(1) Verleihungsrede von Per Hallström, gehalten am 10. Dezember 1928, abgedruckt in: Pearl S. Buch: Die Frauen des Hauses Wu. Nobelpreis für Literatur 1928 Vereinigte Staaten von Amerika. Zürich: Coron-Verlag o. J., S. 23.
(2) Ebd., S. 26 und 27.
(3) “Nobel Lecture” vom 12. December 1938: “The Chinese Novel”:  https://www.nobelprize.org/nobel_prizes/ literature/laureates/1938/buck-lecture.html. Weiterführende Literatur: Peter Conn: Pearl S. Buck. A cultural Biography. Cambridge University Press 1996



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